Theorien zur Mediennutzung

Buchkritik:

Zwei Bücher zur Theorie der Kommunikation – 

Die angewandte Medienforschung hat von Seiten des akademischen Betriebs schon öfters den Vorwurf gehört, sie sei weitgehend „theorielos“. Nicht zu unrecht, denn nicht selten schnappen Forschungspraktiker Modelle und Theoriestückchen von überall her auf, reißen sie aus dem Zusammenhang und vermischen sie ohne Reflexion oder fundiertere Kenntnisse mit vagen Faustregeln, selbstgestrickten Hypothesen und dem allseits beliebten Bauchgefühl.


Da graust es dem Wissenschaftler, was den Praktiker allerdings wenig stört, hat er doch wichtigere Sachen zu tun, als sich mit unfruchtbaren Diskussionen über Theorien und Methoden zu beschäftigen. Doch auch die akademische Medienforschung hat Defizite in ihrer Theoriebildung, viele Erkenntnisse aus benachbarten Disziplinen wie etwa der Soziologie oder der Psychologie werden nur ungenügend oder gar nicht rezipiert.

Wer sich intensiver mit der Debatte über theoretische Grundlagen der Mediennutzung und Medienwirkung beschäftigen will, der findet in den Buchhandlungen gleich zwei aktuelle Neuerscheinungen. Beide sind Sammelbände, die eine Reihe sehr unterschiedlicher Autoren und theoretischer Ansätze vorstellen. „Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung“ versammelt die Tagungsbeiträge verschiedener Kommunikationswissenschaftler zu unterschiedlichen Theorieansätzen (vom Symbolischen Interaktionismus bis zu psychologischen Emotionstheorien).

Einen mehr einheitlichen Thema ist die andere Neuerscheinung gewidmet: „Massenkommunikation, Interaktion und soziales Handeln“. Hier nehmen sich hauptsächlich Soziologen der Frage an, ob man bei der Mediennutzung eigentlich von „sozialem Handeln“ sprechen könne. Interagieren nicht auch Autor und Leser auf eine bestimmte Weise miteinander, die durchaus mit der Interaktion zwischen zwei Gesprächsteilnehmern vergleichbar ist? Wem diese Frage kalt lässt, der wird sicherlich die Finger von beiden Büchern lassen.

Sollte doch der eine oder andere Interesse haben, so bekommt er sicherlich keine leicht verdauliche Kost vorgesetzt, selbst mit einer sozialwissenschaftlichen Grundausbildung muss man sich durch das theoretische Schwarzbrot beißen. Dabei ist der Band von Sutter und Charlton theoretisch sicherlich der anspruchsvollere, aber auch der elegantere (wobei zugegebener Maßen diese Eleganz allen Nicht-Soziologen kaum auffallen wird). Mehr Anknüpfungspunkte zur medienwissenschaftlichen Praxis, in der qualitative Forschungsmethoden an Bedeutung gewinnen, finden sich allerdings in der Veröffentlichung von Patrick Rössler und seinen Kollegen.

Tilmann Sutter / Michael Charlton (Hrsg.): „Massenkommunikation, Interaktion und soziales Handeln“, Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2001, 274 Seiten, ISBN 3-531-13629-1

Patrick Rössler / Uwe Hasenbrink / Michael Jäckel (Hrsg.): „Theoretische Perspektiven der Rezeptionsforschung“, Verlag R. Fischer, München 2001, 250 Seiten, ISBN 3-889-27284-3