Das programmierte Gähnen

Buchkritik:

„Der programmierte Kunde“ von Werner Warmbier – 

Hier handelt es sich um ein Buch, das auf den ersten Blick viel verspricht. Der Titel ist provokant: „Der programmierte Kunde”. Im Untertitel wird dann gar von einem „Frontalangriff“ gesprochen. Das weckt Erwartungen: Handelt es sich um ein aufklärerisches Enthüllungswerk? Das konsumkritische Pamphlet eines Verbraucherschützers? Eine Anleitung gar zur gezielten Manipulation? Klappentext und Vorwort erwecken den Eindruck, hier gehe es um eine Kritik an den Methoden der Marketing-Experten – bewusst knüpft der Autor eine gedankliche Verbindung zu dem Klassiker der Werbekritik, Vance Packards Bestseller „Die geheimen Verführer“. Doch je weiter man liest, desto verworrener wird der Eindruck. Werner Warmbier bezieht in seinem Werk gerade nicht explizit Stellung – ganz im Gegensatz zu dem markigen Titel.


Im ersten Teil findet sich eine Werbekritik, aber ganz anders, als das Buch verspricht: Hier wird eher klischeehaft die Wirkungslosigkeit klassischer Werbemaßnahmen demonstriert. Dann folgt ein eher unkritisches Kapitel über Neuromarketing. Plötzlich gewinnt der Leser den Eindruck, mit den neurowissenschaftlichen Forschungsansätzen habe man das Konsumverhalten künftig im Griff. Nun ja, an Büchern, Vorträgen und Artikeln rund um „Neuro“ mangelt es ja zurzeit nicht; Warmbiers Ausführungen hierzu sind jedoch weder originell noch systematisch und auch nicht wirklich anschaulich.

Der letzte und umfangreichste Teil des Buches kreist um ein ganz anderes Thema. Nun zeigt der Autor, wie die verschiedenen Sinne durch Marketing angesprochen werden können, wobei er sich besonders auf die ansonsten eher stiefmütterlich behandelten Wahrnehmungskanäle Schmecken, Riechen und Tasten konzentriert. Auch hier ist von der konsumkritischen Haltung, die im Klappentext suggeriert wird, nichts zu spüren. Dieser Teil ist zwar noch der interessanteste, doch auch hier bleibt vieles oberflächlich und unkonkret. So mancher einschlägige Filmbeitrag in TV-Magazinen wie „Galileo“ liefert interessantere Infos zum Thema.

Am Ende nimmt der Leser nur wenige Erkenntnisse aus der Lektüre mit – etwa dass sich Kaffee besser verkauft, wenn er gut riecht, und dass ein Automotor charakteristisch klingen muss. Mit Neuromarketing hat das alles nichts zu tun, und ob oder wie die Kunden „programmiert“ werden, erfährt man auch nicht. Bei dem Buch handelt es sich leider nur um einen durchschaubaren Versuch, eigentlich heiße Themen – nämlich Neuromarketing und Verbrauchersouveränität – lauwarm abzukochen. Das Einzige, was da beim Leser programmiert ist, ist das Gähnen.

Werner Warmbier: „Der programmierte Kunde – Neuromarketing: Frontalangriff auf unsere Sinne“; Berlin 2008, Econ Verlag, 201 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 978-3-430-30037-7