Markentechniker und ihre Werkzeugkiste

Buchkritik:

„Jahrbuch Markentechnik 2002 / 2003“ von Klaus Brandmeyer – 

Der Titel erinnert eher an Fachliteratur für Ingenieure: Wo bei anderen Publikationen marktschreierisch Schlagworte wie “Brand Leadership” oder “Mega Brands” auf dem Buchumschlag prangen, steht auf dem vorliegendem grauen Buchdeckel schlicht „Jahrbuch Markentechnik 2002/2003“. Diese Zurückhaltung ist natürlich gewollt – der Umgang mit Marken ist schließlich eine ernste Angelegenheit. Aber gerade diese Ernsthaftigkeit, die so vielen anderen schnell dahingeschriebenen Management- und Marketing-Büchern abgeht, zeichnet dieses Jahrbuch – wie auch schon deren Vorgänger – gerade aus.


Die versammelten Beiträge sind dabei keine weitschweifigen oder drögen wissenschaftlichen Abhandlungen, sondern eher kurze Texte, die zum Nachdenken anregen sollten. Der erste Teil des Bandes bietet acht Fallstudien, die alle lesenswert sind. Hier feiern sich eben nicht die großen Marken und millionenschweren Kampagnen, sondern eher die stillen Stars des Marketings: Von der Biokost-Handelsmarke „Ja!Natürlich“, über den Platow-Brief bis zur legendären Tupperware reichen die Beispiele. In den folgenden Teilen wird diese Richtung konsequent weiterverfolgt.

So werden Jazz- und Klassik-Schallplattenlabel dargestellt, um die Bedeutung des Stils (hier insbesondere bei der Cover-Gestaltung) für die Markenpflege herauszuarbeiten. In einem anderen Beispiel werden die Logos großer Unternehmen analysiert – mit verblüffenden Resultaten. Schon ein paar Abbildungen zeigen, wie Unternehmen bei ihrem Logo durch schlechtes Handwerk und plumpe Nachahmung wertvolle Kommunikationschancen verschenken. In dem eher theoretischen Teil werden einige der Instrumente aus dem Werkzeugkasten der Markentechniker vorgestellt.

Diese Beiträge schwanken zwar ein bisschen in ihrer Qualität, aber auch die schwächeren bieten immer noch genug Stoff zur Diskussion. Und manchmal berichten die Autoren über amüsante Details, wie beispielsweise das Schicksal des Osborne-Stiers. Als die Regierung Spaniens die zum Teil verrosteten Blech-Reklametafeln, welche die überdimensionale Silhouette eines Stiers zeigen, aus der Landschaft entfernen wollte, protestierten Tausende. Eine Werbeidee für Sherry hatte sich über die Jahrzehnte zu einem kulturellen Symbol und Teil der spanischen Umwelt entwickelt. So wurde der Stier zum ersten Werbetier, das unter Artenschutz gestellt wurde. Nicht zuletzt solche und ähnliche Beispiele machen das „Jahrbuch der Markentechnik“ zu einer lohnenden Lektüre.

Klaus Brandmeyer / Alexander Deichsel / Christian Prill (Hrsg.): „Jahrbuch Markentechnik 2002 / 2003“, Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2001, 404 Seiten, ISBN 3-87150-731-8