Die gute, alte Mundpropaganda

Buchkritik:

„Mundpropaganda-Marketing“ von Bernd Röthlingshöfer – 

Viral Marketing, Word-of-Mouth, Buzz,– viele schöne Begriffe, die gerade in Mode sind und es vergeht kein Marketing-Kongress, ohne das sie ausgiebig strapaziert werden. Nicht immer ist es klar, was sich dahinter verbirgt: Wenn einem der Nebenmann in der U-Bahn morgens anhustet, ist es jedenfalls noch kein virales Marketing. Dabei gibt es ein etabliertes deutsches Wort, was viele der unter den englischen Schlagworten kategorisierten Phänomene umfasst: Die gute, alte Mundpropaganda.

Tatsächlich handelt es sich um denn einzigen Fall im deutschen Sprachraum, in dem der Begriff „Propaganda“ noch immer in einem positiven Kontext verwendet wird – trotzdem wirkt das Wort im Gegensatz zu seinen englischen Pendants etwas altmodisch. Kein Wunder also, dass nicht ein hochpreisiges Marketing-Fachbuch für Experten, sondern ein handliches Ratgeber-Taschenbuch für Kleinunternehmer den Begriff wieder zu Ehren verhilft.

„Mundpropaganda-Marketing – Was Unternehmen wirklich erfolgreich macht“ ist ein typisches Beispiel dieser „How-to-Do“-Managementbücher, die den Mund sehr voll nehmen und dem Leser für wenig Geld viel Profit versprechen. Aber es ist auch ein gutes Beispiel: Der Autor Bernd Röthlingshöfer gibt einen schnellen, aber umfassenden Überblick darüber, warum es für eine Firma wichtig ist zu verstehen, wie die eigenen Kunden über sie reden.

Dabei bezieht er Mundpropaganda nicht nur auf Face-to-Face-Gespräche, sondern zählt auch die Kommunikation via Social Media im Internet dazu. Der Autor kennt durchaus die gängige Literatur zum Thema – vom „Tipping Point“ bis zum „Cluetrain Manifesto“ – und fasst sie kurz und pointiert zusammen, manchmal sogar sarkastisch. Was seiner Meinung nach für die Praxis relevant ist, extrahiert er heraus, nicht immer bleibt dabei viel übrig.

Es kristallisiert sich aber heraus, wie wichtig es ist, wenn Kunden ein Produkt oder ein Unternehmen weiterempfehlen – relativ irrelevant ist hingegen die reine Verbreitung von lustigen Videos, die immer noch als Königsdisziplin des Viral Marketing hoch gehandelt wird und in der Regel wenig Abverkäufe einbringt. Wie kann man jetzt Konsumenten dazu bringen, über das eigene Unternehmen zu reden und es weiterzuempfehlen? Hier werden weniger Kommunikationsmaßnahmen angeboten, vielmehr zeigt der Autor eine Vielzahl von Ideen, wie man durch Service und Produkte seine Kunden beeindruckt.

Das Buch ist alles andere als eine systematische Darstellung – es handelt sich um eine Revue von Einfällen und kleinen Fallbeispielen. So dient es als Inspirationsquelle für gutes Marketing, aber nicht als ein wirklicher Leitfaden, welche strategischen oder taktischen Maßnahmen ergriffen werden müssen. Da es aber leicht zu lesen und einen zu einem günstigen Preis zu haben ist, lohnt sich der Kauf – und auch die Weiterempfehlung an Freunde und Bekannte.


Bernd Röthlingshöfer: Mundpropaganda-Marketing – Was Unternehmen wirklich erfolgreich macht; Beck-Wirtschaftsberater im dtv (Deutscher Taschenbuch Verlag), München 2008, 202 Seiten, 10,– €, ISBN 978-3-423-50914-5

UPDATE 2021:

Was mir beim Lesen dieser Buchbesprechung auffällt: Der heute so gängige Begriff Word-of-Mouth-Marketing war 2008 in Deutschland anscheinend noch unbekannt. Heute ist er – wie der Name schon sagt – in aller Munde. Das ist auch ein Verdienst von Mark Leinemann, der als MR. WOM seit vielen Jahren die Ideen des WOM-Marketings propagiert.