Ein Freudenfeuer für die Marke

Buchkritik:

„Good bye Logo“ von Neil Boorman –  

Passend zur Krise erscheint ein kleiner Bestseller als preiswertes Taschenbuch: „Good bye Logo – Wie ich lernte, ohne Marken zu leben“. Das Buch war in England und auch als Hardcover in Deutschland schon erfolgreich, weil es auf den ersten Blick einen Nerv traf. Viele Menschen sind skeptisch geworden gegenüber den Verheißungen der Konsumkultur, da kommt ein Marken-kritisches Buch gerade recht.

Das Buch ist aber kein Leitfaden zum „Stilvollen Verarmen“ (um einen deutschen Bestsellter zu zitieren), liefert also keine praktischen Tipps, wie man Geld sparen kann. Der Autor Neil Boorman erzählt vielmehr in einem Tagebuch, wie er – als einstiger Markenfetichist, der gerade auch Luxus-Label bevorzugte – sich entschließt, zumindest für einen bestimmten Zeitraum ohne Marken zu leben. Die Markenprodukte in seinem Besitz wird er am Ende in einem reinigenden Feuer verbrennen, seinen Alltag will er mit No-Name-Produkten bewältigen.

Sein Ziel ist es, die eigene Identität nicht mehr durch teure Produkte und prestigeträchtige Zeichen zu bestimmen. Bei der ganzen Aktion denkt er darüber nach, was ihm und anderen Marken eigentlich bedeuten und welche Hilfe sie ihm tatsächlich für sein Leben leisten. Die Story hört sich also ganz nach der richtigen Erbauungslektüre für LOHAS, Verbraucherschützer und Globalisierungsgegner an. Ironischer Weise ist das Buch aber eigentlich das genaue Gegenteil eines markenkritischen Pamphlets.

Der Autor kann es nicht lassen, ständig seine frühere Markengläubigkeit zu betonen – er singt fast ständig das hohe Lied der Labels und jammert, wie schwer ihm der Markenentzug fällt. Dadurch findet man in dem Buch deutlich mehr Pro-Marken-Statements als kritische Argumente. Die Kritik bleibt eher diffus und der Autor gibt am Ende zu, dass ihm nicht klar ist, inwieweit das ganze Experiment seiner erhofften Identitätsfindung geholfen hat.

Konsumkritiker werden also eher enttäuscht sein, während Markenfans viel Stoff finden, um ihre Einstellung zu bestätigen. Die politische Dimension des Themas, wie sie etwa von Naomi Klein in „No Logo“ ausgebreitet wurde, findet sich in „Good bye Logo“ kaum (Es ist wohl kein Zufall, dass der deutsche Buchtitel sich an Kleins Welterfolg anlehnt, im Gegensatz zum englischen Originaltitel „Bonfire of the Brands“ – den könnte man eher mit „Freudenfeuer der Marken“ übersetzen). Warum sollte man sich aber diese sehr subjektive Nabelschau eines erklärten „Marken-Junkies“ überhaupt durchlesen?

Es gibt wohl nur wenige Menschen, in deren Leben Marken einen so wichtigen Platz einnehmen wie bei Neil Boorman (sein Markenentzug scheint an einigen Tagen die Markenfaszination eher sogar zu steigern als zu schwächen). Die meisten Leser werden sich also in seinem Erlebnisbericht kaum wiederfinden. Leider fehlt ihm als Autor auch ein wirklich stilistisches Können und – was schwerer wiegt – auch der nötige Humor und die Selbstironie, um eine amüsante Berichterstattung aus seinem markenlosen Alltag zu ermöglichen.

Das komische Potenzial der großen Markenverweigerung und deren absurden Höhepunkt mit dem großen Scheiterhaufen, auf denen alle seine früher heißgeliebten Markenprodukte landen werden – Boorman weiß das kaum zu nutzen. So liefert sein Tagebuch wenig Kritik und Unterhaltung – Marketingexperten können das Buch allerdings nach geeigneten Zitaten durchsuchen, wenn sie die emotionale Verbundenheit mit Marken illustrieren möchten.

Neil Boorman: Good bye Logo – Wie ich lernte, ohne Marken zu leben; Ullstein Taschenbuch, Berlin 2009; 300 Seiten, 8,95 €, ISBN 978-3-548-37248-8