Forschungsqualität und qualitative Forschung

Buchkritik:

„Qualitative Medienforschung“ von Lothar Mikos –  

Um es gleich vorweg zu sagen: Das Handbuch „Qualitative Medienforschung“ ist kein Rezeptbuch für die kommerzielle Markt- und Mediaforschung. Herausgegeben und geschrieben ist es von Kommunikationswissenschaftlern aus dem akademischen Feld. Fragen der angewandten Medienforschung werden in den Texten nicht explizit thematisiert. Das ist leider ein Manko – ein Beitrag zum Thema qualitative Forschung für kommerzielle Projekte hätte den Band sicherlich abgerundet, schließlich hofft wohl doch mancher Student und potenzielle Leser nach seinem Abschluss auf einen Job bei einem Marktforschungsunternehmen.


Doch der Blick über den Tellerrand der akademischen Welt ist sicherlich nicht die Stärke von ernsthaften Fachwissenschaftlern. Trotzdem muss die Anschaffung des über 600 Seiten starken Bandes auch für Praktiker bei Medien, Instituten und Agenturen keine schlechte Investition sein. Denn natürlich nützt es einem angewandten Forscher immer, wenn er sich einmal Gedanken über Methoden macht. Die qualitative Forschung – in der Marktforschung schon lange etabliert – wird auch in der zahlengläubigen Mediabranche immer beliebter, doch ist sie oft noch dem Verdacht der Beliebigkeit ausgesetzt. Denn nicht alles, was als „Tiefeninterview“ bezeichnet wird, basiert tatsächlich auf einem tiefen Verständnis der qualitativen Methoden.

In 55 knappen Beiträgen werden einzelne Methoden, ihre theoretischen Grundlagen und Anwendungsfelder erläutert. Viele Beiträge liefern solide Basisinformationen, die auch dem Mediaforscher nützen, etwa wenn es um Gruppendiskussionen oder Experteninterviews geht. An einigen Stellen findet man dann doch brauchbare „How-to-do“-Ratschläge. Andere Artikel haben dagegen nur wenig Relevanz für die angewandte Forschung. Doch gibt es auch Texte, die sich zwar im akademischen Kontext bewegen, die aber für die kommerziellen Forscher inspirierend sein können: etwa wenn das Prinzip der Triangulation erläutert wird – es bezeichnet die theoretisch sinnvolle Verknüpfung von qualitativen und quantitativen Methoden. Und über den Beitrag über Standards in der qualitativen Forschung sollten mehr Leute einmal nachdenken – damit die Worte „Qualität“ und „qualitativ“ auch in der Mediaforschung zusammenpassen.

Lothar Mikos / Claudia Wegener (Hrsg.): „Qualitative Medienforschung – Ein Handbuch“, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2005, 612 Seiten, 34,90 EUR, ISBN 3-8252-8314-3

UPDATE 2021:

Das Buch ist 2017 in neuer, überarbeiteter Auflage als UTB-Lehrbuch erschienen.