Statistik kann auch sexy sein

Buchkritik:

„Sexy Little Numbers“ von Dimitri Maex –  

Dmitri Maex ist Chef des internationalen Dialogmarketing-Networks OgilvyOne und ein Experte für die Analyse jeder Art von Markting-Daten. Nun hat er ein Buch (in englischer Sprache) geschrieben – nicht um für seine Agentur zu werben (wie man befürchten dürfte), sondern um seine Profession vorzustellen. „Sexy Little Numbers“ – der Buchtitel soll klarstellen: Hier geht schreibt nicht ein Erbsenzähler für andere Erbsenzähler, sondern hier wirbt ein Daten-Analytiker um Aufmerksamkeit. Sein Publikum sind Entscheider in Marketing und Werbung, die wahrscheinlich keine Experten für Statistik, Database-Management oder Web-Analytics sind. Deshalb hat der Autor eine Gliederung gewählt, die sich eng an der Alltagserfahrung seines Zielpublikums hält.

Er geht Schritt für Schritt ein imaginäres Briefing durch. Dabei behandelt er die spannenden Themen des Marketing-Alltags: Kunden-Segmentationen, Bedürfnisse identifizieren und die richtigen Werbebotschaften daraus ableiten, Kommunikationskanäle auswählen, Budget-Bestimmung, Erfolgsmessung. Obwohl der Autor zweifelsohne ein Experte für statistische Analysen und Modellings ist, driftet er aber nie in höhere Sphären ab, in die ihm seine Leser nicht mehr folgen können.

Wer sich schon etwas mit dem Thema beschäftigt hat, wird deshalb den einen oder anderen alten Hut finden, doch sind die Grundsätze eines datengetriebenen Marketings noch nicht so selbstverständlich, dass man auf solche Wiederholungen wirklich verzichten dürfte. Sein Buch ist in einem lockeren, manchmal fast zu saloppen Plauderton geschrieben, immer mit der deutlichen Absicht, niemanden mit Forschungs-Details zu verschrecken. Auch wenn Maex seine Instrumente und die Prinzipien seines Vorgehens recht genau erklärt (ohne dabei Formeln und Gleichungen zu benutzen), so doch immer mit dem Ziel, Interesse für die Ergebnisse und ihren praktischen Nutzen zu wecken.

Dabei ist er bewunderungswürdig pragmatisch: Beispielsweise erklärt er auch, wie man Werbewirkungs-Kurven ohne Daten erstellen kann – die natürlich nur eine wackelige Krücke seien, aber immer noch besser, als einfach ins Blaue hinaus zu planen. „Sexy Little Numbers“ ist kein Lehrbuch für Datenanalyse und auch kein wirklicher „How-To-Do“-Ratgeber (trotz der vielen enthaltenen Tipps und Rezepte), sondern in erster Linie eine Einladung, sich mit den Möglichkeiten der Datenanalyse zu beschäftigen. Das gelingt ihm besser als den meisten „Big Data“-Propheten, die sich zu sehr im Abstrakten und Komplexen verirren.

Eine Schwachstelle hat das Buch allerdings (was der Autor auch selbst zugibt): Das Thema Datenschutz wird nur ganz am Schluss kurz gestreift und eher vom Tisch gewischt als wirklich reflektiert. Dabei ist es nicht ganz unwichtig, da die Befürchtungen der Konsumenten und veränderte Gesetze den Rahmen für die Datensammlung im großen Stil und somit auch für viele Analyse- und Marketing-Möglichkeiten bilden. Davon abgesehen hat man mit „Sexy Little Numbers“ ein Buch, das Lust auf Forschung macht. Es ist zu hoffen, dass dieses Buch bald auch ins Deutsche übersetzt wird.

Dimitri Maex / Paul B. Brown: Sexy Little Numbers – How to Grow Your Business Using the Data You Already Have; Crown Business; New York 2012, 254 Seiten, ca. 22,00 €, ISBN 978-0-307-88834-1