Was wissen wir über Medieninhalte?

Buchkritik:

„Medieninhalte“ von Marcus Maurer & Carsten Reinemann – 

Neben der Erforschung von Mustern der Mediennutzung und der Medienwirkung beschäftigt sich die Kommunikationswissenschaft mit den Inhalten der Medien. Dieser Teil der wissenschaftlichen Produktion wird in der Mediapraxis eher selten aufgegriffen, da man als Mediaplaner natürlich wenig Einfluss auf redaktionelle Inhalte hat. Trotzdem gewinnt auch dieser Forschungszweig an praktischer Bedeutung, sei es, um z.B. den Erfolg von PR-Maßnahmen in der journalistischen Berichterstattung zu messen oder um Veränderungen im Medienangebot besser einzuschätzen. Deswegen ist es auch für Praktiker lohnenswert, ein neues Lehrbuch in die Hand zu nehmen, das sich ansonsten in erster Linie an Studierende einschlägiger Fächer richtet.


Marcus Maurer und Carsten Reinemann haben in ihrem Buch „Medieninhalte – Eine Einführung“ einen knappen und informativen Überblick über die Erforschung von redaktionellen Inhalten geliefert. Beginnend mit einer kurzen Beschreibung der methodischen Grundlage dieser Forschungsrichtung – der quantitativen Inhaltsanalyse – vermittelt das Buch einen guten Eindruck über das Thema und referiert eine Vielzahl von Einzelbefunden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der aktuellen Berichterstattung, wobei die Lieblingsthemen der Publizistikwissenschaftler den meisten Raum einnehmen: Wahlkampf, Politikerdarstellung, Skandale, Gewalt. Weitere Aspekte wie z.B. die journalistische Berichterstattung über Wirtschaftsthemen werden am Rande auch erwähnt.

Die Schwerpunktsetzung kommt den Interessen eines Mediapraktikers nur wenig entgegen, was jedoch aus zwei Gründen kein Vorwurf gegenüber den Autoren ist: Erstens ist das Buch für eine andere Zielgruppe geschrieben, nämlich Studierende, die Lehrbücher benötigen, mit denen sie den an der Universität vermittelten Stoff aufarbeiten sollen. Zweitens spiegelt diese Tatsache auch die Forschungsinteressen der Wissenschaft. Deshalb behandelt „Medieninhalte“ auch auf über 100 Seiten das Thema „Aktuelle Berichterstattung“, während dem Thema Unterhaltung nur 14 Seiten und der „Werbung“ nur 10 Seiten gewidmet sind. Hier muss man eher die Schwerpunktsetzung der Wissenschaft als Ganzes kritisieren, die die Unterhaltung nach wie vor vernachlässigt, obwohl sie im Leben der Menschen einen immer größeren Teil ausmacht.

Schade ist allerdings, dass auch das Thema „Die inhaltliche Struktur des Medienangebots“ etwas zu kurz kommt. Denn es liegen durchaus aggregierte Daten über redaktionelle Rubriken und Themenbereiche für verschiedene Medien vor – etwa die TV-Programmanalyse mit Hilfe der AGF/GfK-Programmcodierung oder die Funktionsanalyse Publikumszeitschriften des Jahreszeiten Verlags (letztere wird nur mit einem Satz in dem Lehrbuch erwähnt). Hier liegen noch spannende Daten und lohnende Forschungsfelder brach. Ein Lehrbuch zu Medieninhalten hätte zumindest stärker auf diese Lücken hinweisen können.

Marcus Maurer / Carsten Reinemann: „Medieninhalte – Eine Einführung“; VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, 279 Seiten, 24,90€, ISBN 3531140086