Branchen-Geflüster laut ausgesprochen

Buchkritik:

„Die Werbepropheten und ihre dröhnenden Lautsprecher“ von Heiko Burrack –  

Wie heißt es so schön: Jede Wahrheit benötigt einen, der den Mut hat sie auszusprechen – und sei es nur hinter vorgehaltener Hand. Die Werbebranche ist reich an mehr oder minder unausgesprochenen Wahrheiten.

Zu kontroversen Themen gibt es viele Meinungen und Ansichten, doch die findet man in der Regel selten in den Artikeln und Interviews in w&v oder Horizont oder in Konferenz-Keynotes. Hier nur eine Auswahl der schwierigen Themen: Pitch-Honorare, die schwierige Beziehung zu zentralen Einkaufsabteilungen, ob Auktionen fair sind, unterstützt oder tötet Marktforschung kreative Arbeit, sind die großen Werbe-Networks Dinosaurier? Heiko Burrack hat mit rund sechzig hochkarätigen und ausgewiesenen Experten aus Agenturen, Unternehmen und Medien genau über diese Themen gesprochen – und überraschend offene Antworten bekommen. Verarbeitet hat er sie in einem Buch – keinen langatmigen Interview-Band, sondern ein Ergebnisprotokoll seiner Recherchen: „Die Werbepropheten und ihre dröhnenden Lautsprecher“.

Sortiert nach den wichtigsten Problemfeldern zitiert er die Meinungen und Ansichten der Branchen-Insider. Vieles ist dabei nicht neu – man kennt es aus Gesprächen, bei der die oben erwähnte vorgehaltene Hand zum Einsatz kam – doch selten lag es in so komprimierter Form vor. Das macht diesen Buch so lesenswert: Tabu- und Stress-Themen werden diskutiert, wobei die verschiedenen Standpunkte zu Wort kommen. Die Liste der Themen ist umfangreich: erfolgsabhängige Vergütung, Media-Auditing, intransparente Pitch-Prozesse, die mitunter schlechten Arbeitsbedingungen in Agenturen. Letzteres wird unter der Überschrift „Wie die Agenturen zu ausbeuterischen Schrubb-Buden wurden“ behandelt.

An diesem Beispiel zeigt sich eine Methode des Buches: Es spitzt die Positionen oft noch mit drastischer Wortwahl und pointierten Zitaten zu – was auch gut ist, denn das Buch soll schließlich mehr eine geistige Auseinandersetzung anregen und nicht ein ausgewogenes „Sowohl-als-auch“-Traktat sein. So ermöglicht es zwar nicht unbedingt eine systematische Beschäftigung mit den Themen, aber auf jeden Fall eine anregende Lektüre – Stoff für weiterführende Diskussionen in Zigaretten-Pausen oder am Rande von Meetings und Konferenzen. Was allerdings der selbst etwas dröhnende Titel bedeuten soll, ist nicht ganz klar: Denn das was sonst hinter vorgehaltener Hand gesagt und in dem Buch präsentiert wird, ist ja gerade nicht das Dröhnende und Laute.

Heiko Burrack: Die Werbepropheten und ihre dröhnenden Lautsprecher – Führende Köpfe lüften das Geheimnis erfolgreicher Werbung; Verlag Business Village, Göttingen 2012, 240 Seiten, 24,80 €, ISBN 978-3-86980-159-9