Wer das liest, ist doof

Buchkritik:

„Generation Doof“ von Stefan Bonner und Anne Weiss

Eigentlich war ich mir unsicher, ob dieses Buch geeignet ist, um an dieser Stelle rezensiert zu werden; doch dann dachte ich, ein Buch mit dem Wort „Generation“ im Titel erhebt den Anspruch, einen gesellschaftlichen Trend von einiger Allgemeingültigkeit zu beschreiben. Dann wäre es quasi eine soziologische Abhandlung, auch wenn der Stil eher essayistisch sein mag, wie etwa seinerzeit bei dem Bestseller „Generation Golf“ von Florian Illies. (Allerdings war der soziologische Gehalt jenes Buches ebenfalls etwas dünn, auch wenn Meinungsforscher die Generation Golf später angeblich empirisch nachgewiesen haben.) Doch was in einem durchaus umfangreichen Taschenbuch auf 335 Seiten als „Generation Doof“ verkauft werden soll, hat leider wenig von der Leichtfüßigkeit des Golf-Traktats.


Die Autoren glauben einen sozialen Trend ausgemacht zu haben: Die Leute werden immer dümmer, benehmen und ernähren sich schlecht, haben überhaupt kein Niveau und wissen erst recht nicht, wie man dieses schreibt. Genüsslich und ausführlich werden als Belege Fernsehszenen nacherzählt, etwa wie die Kandidatinnen einer Miss-Wahl daran scheiterten, ihre Heimatstädte auf einer Landkarte zu platzieren. Zugegeben, solche Szenen sind lustig, und Stefan Raab lässt in seinen Sendungen gerne und mit schöner Regelmäßigkeit Leute aufmarschieren, die nicht gerade den tiefen Teller erfunden haben. Dem Publikum gefällt es – schließlich ist es gut zu wissen, das es immer noch Zeitgenossen gibt, die man getrost in die Tasche stecken kann, auch wenn man selbst nicht zu den Schlauesten gehört.

Das ist auch das Grundprinzip des Buches „Generation Doof“: Die Autoren sind trotz aller vorgetäuschten Selbstironie peinlich bemüht zu zeigen, dass sie nicht ganz so doof sind wie die anderen Generationsgenossen. Die Grenze zwischen dem effizienten Umgang mit der knappen Ressource Geist und purer Doofheit ist dabei recht willkürlich gezogen. Die Autoren halten es zum Beispiel für durchaus verzichtbar zu wissen, wie der erste deutsche Bundespräsident hieß oder wie ein Gesetz im Bundestag entsteht. Aber sie mokieren sich, wenn jemand Harald Schmidt mit Helmut Schmidt verwechselt (die unbestreitbar den gleichen Nachnamen haben, was ja schon mal zu Verwechslungen führen kann).

In vielen Kapiteln wird relativ faktenfrei über die vielen Auswüchse und Gründe der Doofheit lamentiert – einschließlich der Schule und natürlich dem Fernsehen. Umrahmt wird das alles mit wahllosen Zitaten, abgeschrieben aus Sprüchesammlungen aus dem modernen Antiquariat, und persönlichen Alltagsbeschreibungen der Autoren, die noch fast das Witzigste am ganzen Buch sind. Und am Ende wird sogar versucht, ein bisschen konkrete Lebenshilfe zu geben: „Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Lösung: Die Probleme der Generation Doof ernst nehmen, erkennen, was schief läuft, und nach sinnvollen Auswegen suchen.“ Aha. Mein Eindruck ist allerdings, dass die derzeitige Generation (bei aller Beschränktheit hier und da) noch nicht so doof ist wie dieses Buch.

Stefan Bonner / Anne Weiss: „Generation Doof – Wie blöd sind wir eigentlich?“, Bergisch Gladbach 2008, Verlag Bastei Lübbe, 335 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-404-60596-5

PS „Generation Doof“ ist unglaublich erfolgreich, mittlerweile gibt es nicht nur einen Folge-Titel („Doof it yourself – Erste Hilfe für die Generation Doof“), sondern auch ein Hörbuch und sogar eine Bühnenshow zu dem Buch. Die Autoren haben also zweifelsohne einen Nerv getroffen. Das Buch ist und bleibt aber trotzdem doof…