Nicht nur Zahlen und Rabatte sind bei Werbebuchungen relevant – auch die Zufriedenheit mit dem Service der Vermarkter ist bedeutsam. Das zeigt eine Studie von Prof. Ingo Knuth (HMKW). Für einen Gastbeitrag in HORIZONT.NET haben Prof. Knuth und ich einige praktische Tipps für Werbevermarkter aus der Studie abgeleitet.
Mediaplanung steht in dem Ruf, ein rein auf Zahlen ausgerichtetes Geschäft zu sein. Im besten Fall handelt es sich dabei um aufwendig erhobene Marktforschungsergebnisse, objektive und vergleichbare Leistungswerte oder um strukturierte und transparente Reporting-Mechanismen, die dem Zwecke der Stärkung der Vermarkter-Kunden-Beziehung dienen. Im schlechtesten Fall geht es nur um Discounts, Commitments und Deals hinter verschlossenen Türen. „Heute wird alles nur noch von Preisen und Rabatten bestimmt“ – solche pauschalen Aussagen liest man häufig in Kommentaren in der Fachpresse und hört sie bei Gesprächen. Doch ist das wirklich so?
Eine Befragung von Mediaplanern
Die Wissenschaft hat sich mit dem Thema Werbevermarktung bisher nur sehr allgemein befasst. Um die Ausgestaltungsmöglichkeiten einer modernen Werbevermarktung besser zu erfassen, haben wir eine empirische Studie durchgeführt. Dazu haben wir 199 Mediaplaner in Deutschland online interviewt. Sie sollten – selbstverständlich anonym – Angaben zu ihrem letzten Kontakt mit einem Werbevermarkter (egal welches Medium) machen. Dabei ging es vor allem um die Zufriedenheit mit dem Vermarkter insgesamt und die Zufriedenheit mit bestimmten Einzelaspekten (wie Vermarktungsaktivitäten, Qualität des Contents, Kundenservice etc.). Schließlich wurde das Image des Vermarkters und der vermarkteten Medien erhoben. Mit statistischen Analysen wurden die Beziehungen der verschiedenen Einflussfaktoren rekonstruiert und deren Bedeutung ermittelt.
Bei den Ergebnissen hat sich gezeigt, dass neben dem Preis vor allem auch die Qualität des Werbeumfelds und, wenn auch indirekt, die Qualität des journalistischen Contents sowie zusätzliche Services, wie zum Beispiel Marktforschung oder Kreation, geschätzt werden. Vor allem sind aber auch das Image des Vermarkters und die Servicequalität sehr wichtig.
Gerade die Erhöhung der Servicequalität kann zu einer Erhöhung der Zufriedenheit mit der Buchung und zu höherer Loyalität der Werbekunden führen. Hieraus lässt sich sehr genau ableiten, dass der Faktor Mensch einen entscheidenden Einfluss auf die Verbesserung der Vermarkter-Kunden-Beziehung haben kann. Neben der zu erwartenden Verlässlichkeit der Kundenbetreuung (korrekte und rechtzeitige Lieferung und Unterstützung bei Problemen) stellt vor allem auch die persönliche Betreuung einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar – und zwar sowohl bei den „klassischen“, als auch bei den „neuen“ Medien. Dabei geht es in erster Linie um ein aufrichtiges Miteinander, die Herstellung von Transparenz und somit den Aufbau von Vertrauen und Sicherheit.
„Das Image des Vermarkters und die Servicequalität sind sehr wichtig.“
Diese Ergebnisse der Studie korrespondieren mit dem, was wir aus vielen Gesprächen, Workshops und Beratungsprojekten wissen. Investitionen in Content-Qualität sind eben auch Investitionen für die erfolgreiche Werbevermarktung. Die direkt erfahrbare Servicequalität ist zusätzlich ein essenzieller Faktor. Die Strategie von einigen Vermarktern, ihren Service zu reduzieren oder zu automatisieren, sollten diese überdenken. Sie verschenken dadurch Chancen zur Kundenbindung. Des Weiteren sind Investitionen in Forschung, Studien und andere Formen der Wissensvermittlung kein Luxus, sondern fördern das Image und damit die Zufriedenheit von Mediakunden. Hier haben die digitalen Medien – wenn man von den großen Tech-Giganten absieht – noch ein Defizit. Oder anders ausgedrückt: Ein ungenutztes Potenzial.
Auf Basis der theoretischen Erkenntnisse der Studie und unserer konkreten Erfahrung aus der Praxis können wir sechs Tipps ableiten, über die Werbevermarktern, unabhängig von der Gattung, nachdenken sollten.
Tipp 1:
Liefern Sie aktuelle Hilfestellung bei akuten Problemen.
Agenturen müssen oft unter großem Zeitdruck und mit knappen personellen Ressourcen arbeiten, hier ist jede Hilfe willkommen. Das gilt für Pitches, große Jahrespräsentationen aber auch für das ganz alltägliche Geschäft. Hier kann ein Vermarkter mit Ideen, Daten und schneller Hilfe punkten. Dabei machen Sie es den Kunden so einfach wie möglich – liefern Sie zum Beispiel Forschungsergebnisse nicht als gedruckte Hochglanzbroschüre, sondern als PowerPoint-Folien im neutralen Design, die leicht in die eigenen Präsentationen integriert werden können. Hilfe ist auch gut bei ganz neuen Themen – zum Beispiel veröffentlichte Google viele aktuelle Erkenntnisse zur Pandemie auf Basis der aktuellen Such-Trends, was vielen geholfen hat, das veränderte Verbraucherverhalten schneller nachzuvollziehen.
Tipp 2:
Helfen Sie, Ihre Kunden schlau zu machen.
Die Flut der Daten steigt ständig an, doch unser Wissen wächst nicht im gleichen Maße. Deshalb sind alle Schulungs-, Trainings- und Weiterbildungs-Angebote wertvoll. Hier können Werbevermarkter helfen und entsprechende Angebote anbieten. Einige machen das bereits – von dem 5-Minuten-Video-Tutorial bis zur mehrmonatigen Ausbildung. Doch gibt es noch viele unbesetzte Themen. Weiterbildungs-Angebote sind auch eine gute Gelegenheit, die inhaltliche Kompetenz der Medien zu demonstrieren – lassen Sie Ihre Kunden von der Kompetenz und dem Wissen Ihrer Redakteurinnen und Redakteure profitieren!
Tipp 3:
Liefern Sie Grundlagenforschung, die hilft, die großen Zusammenhänge zu verstehen.
Die Forschung von Vermarktern wird oft kritisch gesehen, wenn sie sich zu sehr auf die Vorzüge der eigenen Werbeträger fokussiert. Dann gibt es viele Einzelbefunde, die ohne Zusammenhang nebeneinanderstehen und die Kunden mehr verwirren als aufklären. Hier sollte man sich nicht scheuen, das große Bild im Blick zu haben. Liefern Sie Erkenntnisse zu den wichtigen Fragen – idealerweise zusammen mit Industrie- oder unabhängigen Forschungspartnern: Wie funktionieren verschiedene Mediengattungen? Welche kreativen Faktoren unterstützen welche Kommunikationsziele? Was passiert in den Köpfen der Verbraucher und Mediennutzer? Schaffen Sie ein Überblickswissen bei Ihren Kunden und keine Datenhalden.
Tipp 4:
Liefern Sie konkrete Hilfen für den Planungsalltag.
Zugegeben, allgemeines Knowhow und Grundlagenforschung sind manchmal abstrakt. Deshalb ist es auch wichtig, den Kunden das Leben leichter zu machen. Wenn Sie die Arbeitsprozesse in modernen Agenturen verstehen, können Sie diese unterstützen – mit gezielten Informationen, kreativen Ideen oder kleinen Tools, die helfen, die richtigen Maßnahmen auszuwählen. Das gleiche gilt im Prinzip im B2B-Bereich oder für lokale Märkte. Hier fehlt vielen Unternehmen das Spezialwissen zu Media, Marketing und oft zu digitalen Maßnahmen. Seien Sie hier ein Partner und kein Verkäufer! Bieten Sie Lösungen für Kommunikationsaufgaben, etwa indem Sie auch Werbemöglichkeiten jenseits des eigenen Portfolios anbieten. Warum bieten Sie nicht an, die Google Adwords-Buchungen für Ihren Kunden zu übernehmen? Einige Anzeigenverkäufer von Lokalzeitungen machen dies bereits und verstärken so die Bindung zu ihren Kunden. „Individueller Service bedeutet heute: Den Kunden respektieren und auf seine knappe Zeit achten. In Zeiten der Unsicherheit ein verlässlicher Partner sein. Eine vertrauens- und respektvolle, objektive und fachkundige Beratung anstatt Verkaufstricks. Kompetenz nicht nur ausstrahlen, sondern auch auf die Kunden übertragen.
Tipp 5:
Machen Sie den Content Ihrer Medien für Ihre Kunden erlebbar.
Als Vermarkter sind Sie stolz auf die Qualität Ihrer Medien. Gerade journalistische Produkte profitieren von guter Berichtserstattung und hoher Glaubwürdigkeit. Doch was hilft das beste Image einer Tageszeitung, wenn junge Mediaplaner und der Marketing-Nachwuchs immer weniger klassische Medien liest und keinen persönlichen Bezug dazu hat? Geben Sie Ihren Kunden einen exklusiven Zugang zu Ihren Inhalten und zur Bedeutung Ihrer Arbeit. Liefern Sie Themen-Dossiers und Trendberichte aus Ihrer Berichterstattung, damit sich Ihre Kunden auf dem Laufenden halten können. Berichten Sie von den Messen und Events, für die Ihre Kunden keine Zeit hatten. Stellen Sie den Kontakt mit den Redakteuren und Experten im eigenen Haus her. Nutzen Sie das kreative Potenzial Ihrer Grafiker und Webdesigner für individuelle Kundenlösungen.
Tipp 6:
Auch das Mediageschäft ist „People Business“ – machen Sie es richtig!
Früher war ein bedeutsamer Teil der Aufgabe von Medienvermarktern, mit den Kunden teuer Essen zu gehen, Geschenke zu verteilen und die Agenturbelegschaft zu „bespaßen“, also persönliche Beziehungen aufzubauen. Durch Compliance-Regeln und Zeitdruck ist so etwas nicht mehr zeitgemäß. Individueller Service bedeutet heute etwas anderes: Den Kunden respektieren und auf seine knappe Zeit achten. In Zeiten der Unsicherheit ein verlässlicher Partner sein. Eine vertrauens- und respektvolle, objektive und fachkundige Beratung anstatt Verkaufstricks. Kompetenz nicht nur ausstrahlen, sondern auch auf die Kunden übertragen – ihnen zu helfen, bei ihren Chefs zu glänzen.
Das sind nur einige Impulse, die wir den Vermarktern von Werbung geben möchten. Unsere Studie liefert erste Anhaltspunkte, das Verhältnis von Image, Kundenzufriedenheit, Preis und den produktspezifischen Angeboten der Vermarkter besser zu verstehen. Weitere Ergebnisse werden demnächst in einem wissenschaftlichen Journal veröffentlicht. Doch das Thema erfordert noch weitere Forschung – und viel Nachdenken auf Seiten der Vermarkter.
Veröffentlicht am 28. April 2021 auf HORIZONT.NET