Zuhören statt huldigen

Eine strikte Kundenorientierung ist nach wie vor nicht selbstverständlich – trotz aller Lippenbekenntnisse der Unternehmen. Man braucht seine Kunden nicht gleich lieben, aber sollte sie verstehen. Dazu habe ich einige Gedanken in einer Kolumne für Springer Professional formuliert, die Sie hier lesen können.

Der Kunde steht im Mittelpunkt! Das ist das erste Gebot im Marketing, das Mantra des Verkaufs. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, doch haben es wirklich alle Unternehmen verinnerlicht?

Haben wir nicht oft das Gefühl, als Kunde nicht richtig wertgeschätzt zu werden? Etwa wenn ein Telekommunikationsanbieter seinen Neukunden Rabatte einräumt, die Stammkunden nicht angeboten werden (es sei denn, sie drohen mit Wechsel). Oder wenn ein Unternehmen gekränkt reagiert, wenn sein neues Wunderwerk der Ingenieurskunst von den Kunden verschmäht wird, weil es an deren Bedürfnissen vorbei entwickelt wurde. Oder wenn man gefangen ist in einer endlosen Warteschleife beim Anruf einer Service-Hotline.

Der ungeliebte Monarch

Früher sagte man gerne: Der Kunde sei König! Diese Metapher trifft besser die Haltung in Service, Verkauf und Marketing. Denn einst war der König ein Tyrann, den man öffentlich huldigte, aber heimlich verfluchte. Die Folge ist eine oberflächliche Freundlichkeit, hinter der ein tiefes Ressentiment steckt.

Dem Kunden wirklich zuhören

Doch Kundenorientierung ist etwas anderes: Es ist die Einsicht, dass der Kunde derjenige ist, der den Laden am Laufen hält. Die Kunden dienen nicht dem Unternehmen, sondern umgekehrt. Eine Firma ist nur im Geschäft, wenn sie die Bedürfnisse der Kunden kennt, eine Marke existiert nur im Kopf der Konsumenten. Deshalb müssen die Kunden bei allen Marketing-Entscheidungen das letzte Wort haben – hier kommt die Marktforschung ins Spiel. Sie muss der Stimme des Kunden Gehör verschaffen. Ein Unternehmen, dass seine Kundenorientierung verbessern will, muss in ehrliche, ergebnisoffene Marktforschung investieren. Kundenzufriedenheits-Messungen, die nur die Möglichkeit der Zustimmung nahelegen, sind so viel wert wie die Frage des Kellners: „Schmeckt’s?“ Statt Antworten bekommt man nur ritualisierte Floskeln zu hören. Wer den Kunden wirklich in den Mittelpunkt stellen will, muss ihm richtig zuhören. 

Veröffentlicht am 12. April 2016 auf springerprofessional.de