Schwergewichtiges aus der Medienpsychologie

Buchkritik:

„Lehrbuch der Medienpsychologie“ von Mangold, Vorderer & Bente –  

Es gibt kaum einen Bereich, in dem gerne so dilettiert wird wie in der Medienpsychologie. Die einen suchen ihr Heil in morphologischen Analysen, die anderen glauben den Stein der Weisen in den Gehirn-Schnappschüssen des „Neuromarketings“ zu finden. Und nicht selten geistern nur halb verstandene Konzepte aus der wissenschaftlichen Mottenkiste noch in den Köpfen der Werber – die AIDA-Formel beispielsweise ist zwar nicht so alt wie die gleichnamige Oper, aber immerhin schon aus dem späten 19. Jahrhundert. Dabei bestreitet niemand, dass ein Verständnis der psychischen Prozesse bei Mediennutzung, Medienauswahl und Medienwirkung heute wichtiger denn je ist – für Forscher, Werber und Medienanbieter. Die Medienpsychologie hat sich in den vergangenen Jahren zu einer richtigen Disziplin gemausert, die eigene Theorien, Methoden und Befunde hervorgebracht hat.

Einen einmaligen Überblick liefert nun das schwergewichtige „Handbuch der Medienpsychologie“. Auf fast 800 Seiten sind zahlreiche Beiträge versammelt, die fundierte Einblicke in die spannenden Forschungs- und Anwendungsbereiche dieser Disziplin erlauben. Das Buch ist in erster Linie für ein akademisches Publikum geschrieben, dementsprechend ist es keine leichte Lektüre. Aber viele didaktische Hilfsmittel erleichtern auch dem Nicht-Wissenschaftler die Orientierung – Schlagwörter am Rand, eine Zusammenfassung am Ende des Artikels, ein umfangreiches Stichwortverzeichnis im Anhang.

Klassische Themen wie die Wirkung von Gewaltdarstellungen werden ebenso abgehandelt wie Forschungsmethoden und psychologische Grundlagen. Lesenswert sind auch die Kapitel, die sich mit Musikrezeption und Pornografie beschäftigen.

Bei den behandelten Mediengattungen zeigt sich leider eine kleine Verliebtheit zu Computer und Internet, die insgesamt etwas zu viel Platz einnehmen. Einziger wirklicher Mangel in diesem ansonsten vorbildlichen Werk: Man findet nur vereinzelt Abbildungen und Schaubilder. Die hätten das Verständnis an einigen Stellen noch fördern können oder hätten zumindest die Lektüre unterhaltsamer gemacht – so wird „Infotainment und Edutainment“ nur in der Theorie behandelt, aber nicht praktisch umgesetzt. Trotzdem lohnt sich die Lektüre, und das Buch wird hoffentlich dabei helfen, die öffentliche Diskussion um die psychischen Aspekte des Medienkonsums auf ein fachlich höheres Niveau zu heben.

Roland Mangold / Peter Vorderer / Gary Bente (Hrsg.): „Lehrbuch der Medienpsychologie“, Hogrefe Verlag, Göttingen / Bern / Toronto / Seattle 2004, 830 Seiten, 69,95 EUR, ISBN 3-8017-1489-6