Nachhilfe für Snapchat-Analphabeten

Buchkritik:

„What’s App, Mama?“ von Robert Campe –

Die Entstehungsgeschichte dieses Buches ist schon mal nicht schlecht: Ein 16jähriger absolviert ein Schülerpraktikum in einer Fachmedienredaktion und bekommt dabei die Chance, einen Artikel zu schreiben. Thema: Wie gehen 16jährige mit Social Media um. Der gelungene Artikel wird veröffentlicht und erntet eine große, positive Resonanz. Dann kommt sogar ein Buchverlag, der den Autor bittet, zu dem gleichen Thema ein ganzes Buch zu schreiben. Das liegt nun vor: „What’s App, Mamma“ von Robert Campe. Das Ergebnis ist ein lesbares, leichtfüßiges Fachbuch zu den sozialen Medien. Dabei wird nicht nur berichtet, wie Teenager heute soziale Medien nutzen, sondern diese werden ebenfalls detailliert beschrieben: Facebook, Snapchat, What’s App, Twitter, Instagram und so weiter und so fort.

Das Buch richtet sich – im Gegensatz zum Online-Angebot bei dem der Autor sein Praktikum gemacht hat – nicht an ein Fachpublikum aus der Medienwirtschaft. Es werden auch keine Gleichaltrige angesprochen – wahrscheinlich würden die sowieso keine gedruckten Bücher lesen. Tatsächlich ist die Zielgruppe für das Buch Eltern und andere Erwachsene, für die soziale Medien ein Buch mit sieben Siegeln sind. Ein angemessener Titel wäre „Social Media für Dummys“ gewesen (sicherlich gibt es aber bereits ein Buch mit diesem Titel). Wer wirklich keine Ahnung über die Thematik hat, ist hiermit bestens bedient. Alles wird ganz genau geschildert, Vorwissen ist nicht notwendig, Fachbegriffe werden vermieden oder in Alltagssprache erklärt, die Beispiele sind immer in Anekdoten verpackt.

Das ist gelegentlich amüsant zu lesen und für einen jungen Nachwuchs-Autor ein beachtliches Erstlingswerk. Doch eine richtige Freude ist das Buch leider trotzdem nicht: Es ist in einem Tonfall geschrieben, den man gut und gerne als oberlehrerhaft bezeichnen darf. Den Eltern wird ständig erneut vorgehalten, wie gestrig sie sind und wie ahnungslos sie sich anstellen. Vielleicht ist das ja eine satirische Volte eines Jugendlichen, der im Alltag eher die Bevormundung der Eltern ertragen muss und sich freut, den Spieß einmal herumzudrehen. Doch dieses Stilmittel nutzt sich schnell ab – zu viel Belehrung nervt, was eigentlich gerade junge Menschen wissen müssten. Deshalb wirkt der Text leider nicht so frisch und unkonventionell, wie man es sich von einem unverbrauchten Jungautor erwartet hätte.

Eher bekommt man den Eindruck, ein Erwachsener schreibe bewusst aus der ihm fremden Jungend-Perspektive. Würde ein Jugendlicher tatsächlich immer von „uns Teenies“ sprechen? Oder Begriffe wie „Tante-Emma-Laden“ verwenden, wo Tante Emma bereits in den 70er Jahren aufs Altenteil geschickt wurde? Hier hat der junge Autor sich zu sehr an seine ältere Zielgruppe angepasst. Einsichten darüber, was in den Köpfen der Generation Smartphone vorgeht, sind in dem Buch deshalb nur spärlich zu finden. Als Nachhilfe für die Social-Media-Praxis ist „What’s App, Mamma?“ aber trotzdem geeignet.

Robert Campe: What’s App, Mama? – Warum wir Teenies den ganzen Tag online sind – und warum das okay ist!; Hamburg 2017, Eden Books, 222 Seiten, 14,95 €, ISBN 978-3-959101-09-7