Traditionsbewusstsein im Medienwandel

Buchkritik:

„Handbuch der Mediengeschichte“ von Helmut Schanze – 

Sie haben schon etwas sympathisch Altmodisches, die Bücher des Alfred Kröner Verlags. Klassiker, Geschichte und Geisteswissenschaften dominieren das kleine, aber feine Verlagsprogramm dieses Traditionshauses. Kant, Platon, Machiavelli und Schopenhauer stehen auf der Autorenliste, außerdem Bücher wie das „Deutsche Dichterlexikon“ und das „Bildwörterbuch der Kleidung und Rüstung“. Irgendwie unpassend wirkt da eine Neuveröffentlichung, deren modernes Thema auf den ersten Blick so wenig mit dieser erlesenen Gelehrsamkeit zu tun hat: Das „Handbuch zur Mediengeschichte“, herausgegeben von Helmut Schanze, Professor an der Universität Siegen.


Medienhistorische Werke gibt es mittlerweile einige in Deutschland, dieses will dem Leser einen Überblick über die mediengeschichtliche Forschung geben. Neben Artikeln über Theorien und Konzepte der einzelnen medienwissenschaftlichen Disziplinen (von der Medienästhetik bis zur Medienökonomie), wird die Geschichte der einzelnen Medien in eigenen Kapiteln ausführlich erörtert. Dabei dominiert eine geisteswissenschaftliche Herangehensweise, die oft weniger eine Geschichte der Medien als eine Geschichte des Forschens und Nachdenkens über Medien ist.

Die Ergebnisse fallen dabei recht unterschiedlich aus: Einige Autoren kratzen noch nicht mal an der Oberfläche des behandelten Fachgebietes (z.B. die Abhandlungen über Medienrecht und Medienökonomie), während andere einen detaillierten und kenntnisreichen Bericht liefern. Selbst die ein bisschen abgehobenen geisteswissenschaftliche Beiträge, etwa zum Thema „Mediengeschichte der Bildkünste“ oder „Mediengeschichte des Theaters“, präsentieren sich da durchaus lesbar und erhellend. Die einzelnen Autoren haben allerdings manchmal recht unterschiedliche Herangehensweisen, wenn es darum geht, ihr Thema zu einzugrenzen.

So kommt es zu einigen offensichtlichen Lücken, die man bei einem Handbuch nicht erwartet hätte (etwa fehlt ein eigenes Kapitel über das Zeitungs- und Pressewesen). Ärgerlich ist ein Überbleibsel der Verlagstradition: Es gibt kein umfassendes Literaturverzeichnis, nach jedem Beitrag werden die zitierten Quellen aufgeführt, doch die Liste folgt der Erwähnung im Text und ist nicht alphabetisch. Eine Literatursuche wird da zum Geduldspiel.

Davon abgesehen bietet der Band eine Fülle von Informationen, und wer sich auf die Lektüre einlässt, findet jede Menge interessante Details. Im Beitrag über die „Mediengeschichte des Drucks“ wird beispielsweise auch kurz auf die Rolle des Gründers des Kröner-Verlages eingegangen, der vor mehr als hundert Jahren als Vorsitzender des Börsenvereines die Buchpreisbindung in Deutschland durchsetzte. Und in diese Tradition passt das „Handwörterbuch der Mediengeschichte“ dann doch perfekt.

Helmut Schanze (Hrsg.): „Handbuch der Mediengeschichte“, Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 2001, 574 Seiten, ISBN 3-520-36001-2