Ist PowerPoint wirklich ein Irrtum?

Buchkritik:

„Gekonnt visualisieren“ und „Präsentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon?“ –

Angeblich flimmern jeden Tag 30 Millionen PowerPoint-Präsentationen über die Monitore und Beamer dieser Welt. Bei PowerPoint handelt es sich also nicht einfach um eine Software, sondern durchaus um eine Art Massenmedium – ein Medium, dass zumindest im Geschäftsleben unsere Art und Weise des Präsentierens, des Argumentierens und vielleicht sogar des Denkens nachhaltig beeinflusst hat. Leider machen sich viel zu viele Verfasser und Präsentierer aber viel zu wenig Gedanken darüber, wie man dieses Hilfsmittel richtig einsetzt. Nicht selten werden einfach Voreinstellungen des Programms als Gestaltungs- und Strukturierungs-Imperative übernommen – oder man schaut sich Fehler und Marotten bei anderen Vortragenden ab, um damit die eigene Präsentation aufzumotzen.


Dass dabei die Ergebnisse durchaus fragwürdig sind, wird uns erst bewusst, wenn wir eine Präsentation außerhalb des normalen beruflichen Kontextes sehen. In Berliner Szene-Kneipen macht man sich daraus einen Spaß und veranstaltet Abende mit „PowerPoint-Karaoke“ – wer will, kann dabei einen Vortrag zu unbekannten PowerPoint-Charts improvisieren. Was für die Berliner Bohème lustig ist, erinnert uns eher an den tristen beruflichen Alltag.

Zwei Bücher können helfen, einmal über den alltäglichen PowerPoint-Wahnsinn nachzudenken. In dem Band „Gekonnt visualisieren“ geben die Autoren Norbert Franck und Joachim Stary eine übersichtliche Hilfestellung, wie man eine Präsentation strukturiert, anschaulich bebildert und überzeugend vorträgt. Neben PowerPoint werden auch die anderen Medien der Geschäftspräsentation – Overhead-Projektor, Flipchart und sogar die gute alte Tafel – mit ihren Stärken und Schwächen vorgestellt. Der Leser findet auch Tipps, wie man Daten oder Prozesse so darstellt, dass der Zuhörer oder Leser auch etwas versteht. Es wäre wünschenswert, wenn sich mehr Menschen einige dieser Hinweise zu Herzen nehmen würden.

Das Buch ist wegen seiner Kompaktheit und dem günstigen Preis sehr empfehlenswert. Schade ist allerdings, dass es weit weniger Abbildungen enthält, als es bei dem gestellten Thema angebracht gewesen wäre. Dass keine einzige Farbabbildung zu finden ist (obwohl das Thema Farbe durchaus über mehrere Seiten hinweg behandelt wird), ist zwar als Folge des geringen Preises verständlich; trotzdem wurde hier eine wertvolle didaktische Chance vergeben.

Während „Gekonnt visualisieren“ Hilfestellung zum kritischen Gebrauch von PowerPoint gibt, geht Matthias Pöhm in seinem Buch „Präsentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon?“ radikaler vor. Für ihn ist PowerPoint grundsätzlich ein Irrtum. Seiner Meinung nach dient das Programm zwar dazu, gute Handouts und Vortragsnotizen zu erstellen, als Präsentations-Medium hält er es aber grundsätzlich für ungeeignet. Besser sei es hingegen, seine Argumente vor dem Augen des Publikums zu dramatisieren und nacheinander aufzubauen. Dafür eigne sich, so Pöhm, das Flipchart am besten.

Dies belegt der Autor mit einigen Beispielen, allerdings immer mit dem einschränkenden Hinweis, dass man die Wirkung beim Lesen nicht wirklich nachvollziehen könne und deshalb der Besuch eines seiner Seminare sinnvoll sei. Sieht man von dieser Eigenwerbung ab, liefert Pöhms Buch durchaus amüsante und inspirierende Hinweise, wie man einen Vortrag besser gestaltet. Seine provokante Attitüde steigert den Unterhaltungswert seiner Ausführungen, sollte aber auch nicht zu ernst genommen werden. Viele seiner Hinweise lassen sich auch durchaus im Rahmen einer „herkömmlichen“ PowerPoint-Version unterbringen. Doch lohnt es sich, einmal auch die Extremposition des Flipchart-Fans anzuhören – Anregungen für die frische Inszenierung der nächsten eigenen Präsentation finden sich allemal.

Norbert Franck / Joachim Stary: „Gekonnt visualisieren – Medien wirksam einsetzen“, UTB (Verlag Ferdinand Schöningh), Paderborn 2006, 142 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 3-8252-2818-7

Matthias Pöhm: „Präsentieren Sie noch oder faszinieren Sie schon? Der Irrtum Powerpoint“, mvg Verlag, Heidelberg 2006, 286 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 3-636-06265-4