GenZ & Co. unter der Lupe

„Jugend 2024 – Pragmatisch zwischen Verdrossenheit und gelebter Vielfalt – 19. Shell Jugendstudie“

Fakten zur Jugend 2024 – eine Buchkritik.

Sie ist schon ein Klassiker der Sozialforschung – und ganz nebenbei auch des „Content Marketings“: die Shell-Jugendstudie. Der Mineralöl-Konzern Shell ist seit 1953 der Sponsor einer der wichtigsten Längsschnitt-Studien über die Jugend in der Bundesrepublik. Der Bericht zur jüngsten Welle ist jetzt als Buch erschienen. „Jugend 2024“ ist die mittlerweile 19. Ausgabe einer der umfangreichsten Untersuchungen zur Lebenswelt junger Menschen. Die aktuelle Studie präsentiert viele Fakten zu Werten, Einstellungen und Meinungen, zu Politik, Familie, Freundschaften, Arbeit, Religion, Freizeit, Beziehungen, Krisen und Bildung.

Viel wird über die GenZ lamentiert und vermutet; die Shell Jugendstudie liefert hingegen empirische Erkenntnisse zu den heute 12- bis 25-Jährigen. Diese zeugen von einem hohen politischen Interesse der jungen Menschen, aber gleichzeitig von Ängsten und Unsicherheiten. Doch in Bezug auf die Corona-Zeit sehen die Jugendforscher eine hohe Krisen-Resilienz. Zwei Drittel der Befragten geben außerdem an, bereit zu sein, mehr zu arbeiten, um mehr Geld zu verdienen. Das alles hört sich nicht nach einer depressiven Generation von Freizeitoptimierern an, über die sich so manche Ältere gerne beklagen.

Wie gewohnt ist die Buchveröffentlichung zur Shell-Studie ein Fundus an Daten und Erkenntnissen, die auf über 300 Seiten mit vielen Tabellen und Grafiken (leider in winziger Schriftgröße) ausgebreitet werden. Dem Thema Medien und Digitalisierung widmet sich indes nur ein Kapitel mit 16 Seiten – erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, dass andere Autoren und Experten immer davon sprechen, wie prägend Smartphone und TikTok für die jungen Generationen seien.

Die Ergebnisse der Studie zeichnen ein klares Bild: Digitale Medien sind erwartungsgemäß der zentrale Begleiter im Alltag der Jugendlichen. Messenger-Dienste und soziale Medien sind die meistgenutzten Kanäle, insbesondere zur Unterhaltung und Kommunikation. Gleichzeitig wird das Internet intensiv für die Informationssuche genutzt, wobei 69 % der Jugendlichen täglich auf digitale Quellen zurückgreifen. Das Smartphone fungiert dabei als Dreh- und Angelpunkt des Alltags – weniger zum Telefonieren, sondern primär zum Konsum von Videos und Musik.

Ein bemerkenswerter Aspekt ist die weiterhin hohe Vertrauenswürdigkeit klassischer Medien, der sich seit der Vorgängerstudie 2019 kaum verändert hat. Den ARD- und ZDF-Nachrichten vertrauen 83 %, überregionalen Zeitungen 80 % – und das, obwohl die tatsächliche Nutzung dieser Medien deutlich niedriger ist. Trotz der wachsenden Bedeutung von Online-Plattformen wie YouTube, TikTok und Instagram bleibt aber das Vertrauen in diese hinter klassischen Medien zurück. Die Studie zeigt jedoch, dass Online-Kanäle, insbesondere YouTube, zunehmend als relevante Informationsquellen wahrgenommen werden.

Ein weiterer Befund: Viele Jugendlichen haben durchaus den Wunsch nach mehr Bildung in Sachen Medienkompetenz. Themen wie der Umgang mit Fake News, kritische Informationsbewertung und der Einsatz künstlicher Intelligenz sollten ihrer Meinung nach stärker im Schulunterricht verankert werden. Politisch zeigt sich eine Mehrheit der Jugendlichen informiert und engagiert. Sie nutzen durchaus einen Medienmix aus Online- und klassischen Kanälen. Das mag viele Leserinnen und Leser der Studie verwundern, herrscht doch in vielen Köpfen das Bild der ahnungslosen, TikTok-süchtigen Teenager vor. Aber das ist der Wert von empirischen Untersuchungen: Sie stellen manche aus unserer verzerrten Alltagserfahrung erwachsene Vorurteile in Frage.

Die aktuelle Welle der Shell-Jugendstudie basiert auf einer Befragung von 2.509 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren. Zwischen Januar und März 2024 wurden sie zu ihrer Lebenssituation und ihren Einstellungen befragt. Ergänzend fanden vertiefende qualitative Interviews mit 20 Jugendlichen statt. Die Studie wurde von einem Team aus Wissenschaftlern zusammen mit dem Institut Verion (vormals Kantar Public) konzipiert und durchgeführt. Die Ergebnisse sind im Detail in diesem Taschenbuch zu finden, doch gibt es ebenfalls viele ausführliche Informationen kostenfrei auf der Website des Sponsors.

Quelle: Shell Deutschland GmbH (Hrsg.): Jugend 2024 – Pragmatisch zwischen Verdrossenheit und gelebter Vielfalt – 19. Shell Jugendstudie, Beltz, Weinheim/Basel 2024, 338 Seiten, 26 EUR, ISBN 978-3-407-83234-4

Diese Rezension erschien zuersim Newsletter der ARD MEDIA AKADEMIE.