Irgendwo findet man immer einen Dummen

Buchkritik:

„Phishing for Fools“ von George Akerlof & Robert J. Shiller –

Viele Wirtschaftswissenschaftler haben ein grenzenloses Vertrauen in den freien Markt. Wenn der Staat die Unternehmer und Konsumenten in Ruhe lässt, wird der Markt mit der berühmten „unsichtbaren Hand“ dazu führen, dass die für die besten Produkte die besten Preise bezahlt werden, jeder seinen Nutzen maximiert und damit der Volkswirtschaft und dem Gemeinwohl dient. Was oft vergessen wird: Diese Vorstellung des Marktes ist in erster Linie ein theoretisches Modell und keine Beschreibung der Realität.

Die beiden Wirtschafts-Nobelpreisträger George Akerlof und Robert Shiller haben in einem Buch die Wirklichkeit des Wirtschaftens genauer angeschaut. Was haben Sie gefunden? Manager, Investment-Banker und Unternehmen, die versuchen, ihre Kunden und Geschäftspartner übers Ohr zu hauen. Der Markt ist weit davon entfernt, problemlos zu laufen, denn eines der Grundannahmen der klassischen und neoklassischen Wirtschaftstheorie ist nicht gegeben: Informationen sind nicht für alle Verkäufer und Käufer gleichermaßen verfügbar. Die Informierten nutzen ihr Wissen, um den Uninformierten Ramsch anzudrehen oder sie zu betrügen.

Die Autoren nennen das „Phishing for Fools“ und sehen es als einen integralen Bestandteil der freien Marktwirtschaft. In einem ungebremsten Markt wird es immer Menschen geben, die ihn ausnutzen, deshalb müssen auch die Wirtschaftswissenschaften sich dieser Realität stellen und sie in ihre Modelle einarbeiten. Am Ende plädieren sie für Verbraucherschutz und moderate staatliche Regulierung, damit es für die Skrupellosen schwieriger wird, ihre Dummen zu finden.

Das Werk ist im Stile eines Sachbuchs geschrieben, wissenschaftliche Belege und Details werden in die Anmerkungen verbannt, der eigentliche Text ist voll mit Anekdoten und Fallgeschichten, z.B. über die Bankenkrise 2008 oder den Streit über die Wirkungen von Tabak. Natürlich sind die Beispiele sehr amerikanisch und nicht immer ist es leicht, den Berichten zu folgen. Das Buch verwendet zwar keine komplizierte Sprache, ist aber teilweise so verdichtet, dass viele Informationen auf wenige Seiten gepackt werden, inklusive finanzwirtschaftlicher Fachbegriffe, die nicht jedem vertraut sein dürften.

An einigen Stellen wäre aber auch ein etwas genauerer Einblick in die Wissenschaft wünschenswert: Die beiden Autoren haben nämlich durchaus neue Ansätze für die Wirtschaftstheorie geliefert (für die sie schließlich den Nobelpreis bekamen), die aber in diesem Buch leider nur angerissen werden. Trotzdem liefert das Buch eine interessante Lektüre, die uns hilft, über die Schattenseiten der Marktwirtschaft nachzudenken.

George A. Akerlof / Robert J. Shiller: Phishing for Fools – Manipulation und Täuschung in der freien Marktwirtschaft; Berlin 2015, ECON, 410 Seiten, 24,00 €, ISBN 978-3-430-20206-0