Buchkritik:
„FOCUS-Jahrbuch 2007“ von Wolfgang Koschnick –
Wenn jemand einen quantitativen Beleg für das stetige Anwachsen des Wissens sucht – hier ist einer: 2004 hatte das Focus-Jahrbuch, das neue Erkenntnisse und Anregungen rund um Medien und Mediaforschung versammeln will, noch einen Umfang von 240 Seiten; der nun erschienene Band für 2007 weist immerhin stolze 520 Seiten auf. Zugegeben, einiger dieser Seiten werden damit gefüllt, dass mehrere Fachartikel sowohl in deutscher und englischer Sprache abgedruckt sind. Doch die interessante Entwicklung des Jahrbuches ist eher qualitativer Art. War das Jahrbuch von 2004 noch eher eine lose Sammlung von Artikeln zu den verschiedensten Themen, so ist das aktuelle Buch klar strukturiert und – wie der Name schon sagt – fokussiert.
Mehr als die Hälfte der Seiten enthält Artikel zum Thema Gehirnforschung und Neuromarketing. Die Qualität der Beiträge ist dabei beachtlich. Neben der Zweitveröffentlichung von Artikeln, die schon in wissenschaftlichen Publikationen erschienen sind, finden sich auch Übersichtsartikel und sogar brandneue Forschungsergebnisse. Wie der Herausgeber Wolfgang Koschnick zu Recht in seinem Vorwort bemerkt, handelt es sich bei vielen Artikeln um keine leichte Lektüre – dafür kommen aber die tatsächlichen Experten des Faches zu Wort, die von eigenen empirischen Studien berichten und nicht wie viele Schreiber von populärer Management-Prosa das Gehirn nur vom Hörensagen kennen. Damit hat der Herausgeber eine wirklich gehaltvolle Übersicht zum Thema Neuroforschung geliefert.
Beim zweiten Schwerpunkthema „Ökonometrisches Modelling“ ist ihm dies leider weniger gelungen. Das Thema wird zwar von verschiedenen Seiten angerissen, doch überwiegt eine nicht immer nachvollziehbare ablehnende Haltung, die sich besonders in dem Artikel „Das letzte Wort zum ökonometrischen Modelling“ des Herausgebers manifestiert. Ein Buch, welches laut Einleitungstext „den fachlichen Austausch innerhalb der Branche“ fördern soll, sollte ein derart wichtiges Thema nicht mit einem tendenziösen „letzten Wort“ ad acta legen. Davon abgesehen sind die restlichen Beiträge über Modelling aber interessant, genauso wie die wenigen Aufsätze zum dritten Themenschwerpunkt, der apparativen Messung von Mediennutzung. Das Focus-Jahrbuch 2007 hat es somit geschafft, der Branche wieder viel Lesestoff zu liefern und sie damit auch klüger zu machen.
Wolfgang J. Koschnick (Hrsg.): „Focus-Jahrbuch 2007 – Schwerpunkt Neuroökonomie, Neuromarketing und Neuromarktforschung“, Focus Magazin Verlag, München 2007, 520 Seiten, 29,90 EUR, ISBN 3-9808574-9-2