Hat der Horror nie ein Ende?

Die Agentur verliert einen Kunden und lässt in einer Anzeige ihren Frustrationen freien Lauf. Das zeigt, wie schwierig es ist, Leidenschaft und Geschäft zu verbinden. Die Ernüchterung ist vorprogrammiert, besonders bei einer Ehe auf Zeit.

Über die oft krisenhafte Beziehung von Agentur und Auftraggeber habe ich für Springer Professionals eine Kolumne geschrieben, die Sie hier im Wortlaut lesen können:

Agenturbeziehungen – Horror oder Ehealltag?

„Der Horror hat ein Ende!“ – so die Headline einer in der Fachpresse geschalteten Anzeige von Scholz & Friends, mit der sie sich von Ihrem Kunden Saturn verabschiedete. Sie dokumentiert die zerrüttete Beziehung zwischen Agentur und Kunde. Das sorgte für Diskussionen: Die einen lobten den Mut der Agentur und freuten sich, dass jemand gegen die überzogenen Forderungen der Werbekunden aufbegehrt. Die anderen bemängelten schlechten Stil und meinten, eine große Agentur sollte über einem Etatverlust stehen und den Geschäftspartner, mit dem man lange Zeit gut verdient hat, nicht verunglimpfen.

Szenen einer Ehe

Wie auch immer: Diese Anzeige ist ein Symptom für Probleme in der Zusammenarbeit von Agentur und Kunde, nicht nur in diesem speziellen Fall. Der Keim für ein unerfreuliches Ende ist von Anfang an da. Es ist wie in einer Liebesbeziehung – hier wie dort gibt es Aufs und Abs. Doch während eine Ehe – zumindest vom Anspruch her – so lange dauern kann „bis das der Tod Euch scheide“, ist die Agentur-Ehe nur auf Zeit angelegt. Die Zeit des intensiven Werbens (der Pitch) kostet viel Energie und Engagement – dabei werden bewusst mögliche künftige Probleme ausgeblendet. Bei Erfolg erleben beide Partner ein Hochgefühl.

Ernüchterung im Alltag

Nach der Flitterwochen-Phase, in der man das Aufregende einer neuen Beziehung genießt, kommt dann allmählich der Alltag und der ist meistens eher grau als rosarot. Man merkt, dass Braut und Bräutigam auch ihre Marotten und Fehler haben, es geht etwas schief, nicht alle Versprechen werden gehalten. Doch man gewöhnt sich aneinander und schluckt manche Kröte um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Das führt zur Ermüdung und Frustration auf beiden Seiten. Da kann es passieren, dass die Agentur ihr Honorar eher als Schmerzensgeld sieht und der Kunde den Elan und Schwung der Honeymoon-Zeit vermisst.

Neuer Pitch, neues Glück?

Schließlich kommt ein neuer Pitch und plötzlich wird die Braut wieder umworben – von neuen Anwärtern, die sich nicht um den Alltag scheren und eine rosarote Brille tragen. Der alte Partner wirkt dagegen verbraucht. Die Agentur merkt nun, dass sie zwar viel in die Ehe investiert hat und den Partner nun so gut kennt sie sonst niemand, aber das nützt nichts mehr. Am Ende bleibt der Trost, dass die Zeit der Kompromisse und Frustrationen vorbei ist. Die Staatsräson sollte verhindern, dass dies nach außen kommuniziert wird, eine Scheidungsanzeige wie bei Scholz/Saturn ist eher ein Betriebsunfall – doch die dahinter stehenden Emotionen sind nicht ungewöhnlich.

Zweckehe anstatt Romantik

Was kann man gegen so eine traurige Ehe-Karriere machen? Je professioneller und emotionsloser eine Kunden-Agentur-Beziehung abläuft, desto mehr können sich alle auf die Aufgaben konzentrieren. Klare Prozesse, ein ergebnisorientiertes Vorgehen und ein offenes Klima fördern die Zusammenarbeit und reduzieren Frustrationen. Doch geht dabei auch viel vom eigentlichen Reiz der kreativen Arbeit verloren. Zweckehe anstatt Romantik – fast wie im richtigen Leben.