Kommerzielle Publikumsforschung
…ist mehr als das Erheben von Reichweiten
Im Handbuch Medienökonomie (Hrsg. Jan Krone & Tassilo Pellegrini, Springer) beschreiben Michael Hofsäss, Lena Kellerwessel und ich, wie sich die kommerzielle Publikumsforschung verändert – und warum sie für den Werbe- und Medienmarkt so wichtig bleibt. Der Begriff erscheint etwas ungewöhnlich – wir sprechen ja meist von Mediaforschung. Doch tatsächlich zeigt der Beitrag, dass Forschung für Medien mehr ist als das Erheben von Werbeträger-Reichweiten. Auch für Redaktion, Programmplanung und Vertrieb ist Forschung wichtig. Und in der Werbevermarktet geht es zunehmend um Werbewirkung.
Im Kern liefert sie das, was man im Markt „Währung“ nennt: vergleichbare Leistungsdaten, auf die sich Werbungtreibende, Medien und Agenturen einigen können. Gemeinsame, von allen Marktpartnern getragene Studien – etwa von agma, AGOF oder AGF – sorgen für diese Transparenz. Disziplinen wie Werbeträgerforschung, Werbewirkungsforschung und Werbemittelforschung bilden das Fundament.
Die Methoden sind vielfältig: repräsentative Stichproben, CATI- oder CAWI-Interviews, technische Messungen mit Peoplemetern oder Logfiles. Printtitel werden nach „Leser pro Nummer“ bewertet, Radio in 15-Minuten-Slots, TV sekundenbasiert – und Online braucht gleich ein Vier-Säulen-Modell, um Reichweiten halbwegs belastbar zu messen.
Doch die Digitalisierung stellt alles auf den Prüfstand: Social Media, Influencer Marketing, Programmatic Advertising und Predictive Analytics erzeugen Datenströme, die oft nicht mit den offiziellen Währungen kompatibel sind. Große Plattformen wie Google oder Facebook liefern ihre eigenen Zahlen – Vergleichbarkeit Fehlanzeige.
Gleichzeitig verschiebt sich der Fokus: von der reinen Reichweitenmessung hin zu Wirkungs- und Erfolgsanalysen. Tracking-Studien, Modelling, Attribution und KI-gestützte Zielgruppenansprache sollen Budgets, Mediamix und Werbedruck optimieren. Auch Redaktion und Vertrieb greifen zu: Mediaforschungsdaten fließen in Programmplanung, Angebotsoptimierung und Nutzerbindung.

Unser Fazit: Die kommerzielle Publikumsforschung bleibt eine zentrale Instanz, wird aber datengetriebener, individueller und technisch komplexer.
Die Währung ist noch da – aber sie bekommt Gesellschaft von vielen neuen Messinstrumenten, die oft lauter und manchmal auch ungenauer sind.
Der Beitrag steht im Zusammenhang mit dem Artikel zur Mediaplanung, die ebenfalls von Michael Hofsäss und mir für das Handbuch Medienökonomie verfasst wurde.