Was Günther Jauch zur Werbung sagt

Buchkritik:

„Die Macht der Meinungsführer“ von Alexander Schimansky & Shamsey Oloko

Hand aufs Herz: Haben Sie diesen Artikel angeklickt, weil Günther Jauch in der Überschrift erwähnt wird? Warum auch nicht. Promiente sind das Öl der Medienindustrie. Das Verhältnis zwischen Prominenten und Medien ist wechselseitig. Die Stars brauchen die Medienberichterstattung, weshalb sie Journalisten gerne Geschichten und Bilder liefern. Prominenz wird hingegen immer über Medien erschaffen. Selbst der Star-Status von Top-Sportlern oder Popstars würde ohne Medien nicht funktionieren. Doch die exklusive Schar der Celebrities hat sich in den vergangenen Jahren erweitert: Casting- und Dating-Shows liefern unaufhörlich neue Sternchen, die von einem Reality-Format zum nächsten wandern. Hinzu kommen die Influencer – ihre Prominenz startet meist ohne Fernsehen und Presse, allein auf den einschlägigen Social-Media-Plattformen. Es ist also einiges los in der deutschen High Society. Für das Marketing ist das Thema höchstrelevant. Denn Promis sind in der Werbung ein wichtiger Faktor. Wirbt man mit ihnen, bekommt man Aufmerksamkeit, Vertrauen, Publicity. Es schadet also nicht, einen Überblick zu bekommen.

Den bietet ein Handbuch zum Einsatz von Prominenten in der Werbung, das jetzt Alexander Schimansky und Shamsey Oloko vorgelegt haben: „Die Macht der Meinungsführer“. In 16 Beiträgen verschiedener Autoren werden die Facetten des Themas präsentiert. Das Buch beginnt mit einem Beitrag der Herausgeber, der eine gewisse Ordnung schafft. Der oft in der Praxis verwendete Begriff des „Testimonials“ wird verworfen, die Autoren bevorzugen den Begriff „Influencer“ als Oberbegriff, nicht im eingeschränkten Sinne, wie er derzeit exklusiv auf YouTuber und Instagrammer verwendet wird. Influencer können Stars oder Menschen wie Du und ich sein. Sie teilen sich auf in Celebrities (z. B. aus Sport, Musik, Mode, Film und TV), Creators (z. B. Content-Produzenten auf YouTube), Customer (z. B. Lead Users oder Opionion Leaders in der Kundschaft) und Colleagues (also Mitarbeiter des Unternehmens, die als Markenbotschafter unterwegs sind).

In den weiteren Artikeln des Buches werden einige dieser Kategorien genauer beleuchtet. Schwerpunkt liegt klar auf den klassischen Promis – hier gibt es sogar eigene Beiträge über Sport und Musik. Detailliert wird auf spezielle Aspekte des Managements von Marke- Promi-Kooperationen eingegangen, wie die juristischen Probleme bei der Vertragsgestaltung oder die durch Marktforschung ermittelte Passung der Partner. Weniger Raum nehmen die anderen Typen von Influencern ein. Ein Beitrag erläutert, was einen erfolgreichen Einsatz von Creators – also das, was der Rest der Welt als Influencer versteht – ausmacht. Bei dem ganzen Hype rund ums Influencer-Marketing hätte sich hier der eine oder andere Leser sicherlich mehr Informationen gewünscht. Spannend sind die Beiträge über Mitarbeiter („die wahren Stars der Marke“) und Nano-Influencer (also andere Konsumenten) – beide sind wichtig, wenn es um Mundpropaganda und Word-of-Mouth-Marketing geht.

Einige prominente Namen der Branche treten in dem Buch ebenfalls auf – von Thomas Strerath bis Günther Jauch. Als beliebtester Promi in Deutschland bekommt Jauch das letzte Wort. Zwar würde er seit fast zehn Jahren keine Werbe-Jobs mehr annehmen. Doch gibt er möglichen solventen Werbungtreibenden einen kleinen Hoffnungsschimmer: Unumstößlich sei dieser Verzicht nicht.

Alexander Schimansky / Shamsey Oloko (Hrsg.): Die Macht der Meinungsführer – Von Celebrities bis zu Influencern; Frankfurter Allgemeine Buch, Frankfurt am Main 2020; 256 Seiten, 29,90 €, ISBN 978-3-95601-226-6