Search-Optimierung auf der Straße

Was muss ein Plakat vermitteln? In einer digitalisierten Welt sind es die richtigen Suchworte. Denn Suchmaschinen-Optimierung ist nicht nur eine Aufgabe für die digitalen Medien, sondern auch für jede Art von Werbung. Dazu habe ich ein paar Gedanken für das Kundenmagazin FACTS von areasolutions – einen führenden Spezialmittler für Außenwerbung – aufgeschrieben.

Plakate geben Impulse, um sich weiter mit einem Angebot oder einer Marke zu beschäftigen. Heute suchen die Konsumenten meist über Google nach weitere Informationen. Doch damit sie dort landen, wo die Werbung sie hinleiten möchte, muss Plakatwerbung „google-optimiert“ werden – und den Flaschenhals unseres Gedächtnisses berücksichtigen. Wir kennen die Erfahrung: Wir sitzen im Auto und fahren eher beiläufig an einem Plakat vorbei. Irgendetwas der dort präsentierten Werbung erweckt unser Interesse, doch genauer können wir nicht hinsehen, denn wir sind schon längst weitergefahren. Wir nehmen uns vor, bei nächster Gelegenheit zu googeln, um mehr über das angepriesene Produkt herauszufinden. Jetzt müssen wir uns nur ein Stichwort merken, was wir in die Maske der Suchmaschine eingeben.

Klingt ganz einfach. Doch ob unsere Suche für uns – oder den Auftraggeber der Plakatwerbung – zum Erfolg führt, ist alles andere als selbstverständlich. Im digitalem Zeitalter haben sich die Aufgaben von Werbung verändert. Natürlich muss sie immer noch Aufmerksamkeit und Interesse erwecken, doch nicht selten ist sie der nur der erste Impuls für die weitere Informations-Suche, die hauptsächlich im Internet stattfindet. Zwischen der Werbung und der Website einer Marke ist Google zwischengeschaltet, denn die meisten Deutschen starten ihre Internet-Besuche von der mächtigen Suchmaschine aus. Mit Keyword-Advertising und Search-Optimierung werden die Suchenden zu Kunden verwandelt.

Die finale Werbewirkung – der Kauf – erfolgt also wie beim Billard über Bande: Werbung, Google, Website, Kauf. Was die Werber oft ärgert: Die Suchmaschine reklamiert nicht selten den Anreiz für den Kauf für sich – ohne dabei zu berücksichtigen, dass es ja die Werbung im TV, in Print oder auf einem Plakat die Suche angeregt hat. Die Marketing-Leute werden zunehmend für das Thema (Schlagwort: „Last-Click-Attribution“) sensibilisiert und alternative Attributions-Modelle werden diskutiert. Doch eine Sache wird meist vergessen: Zwischen Werbung und Google gibt es noch einen weiteren gnadenlosen Gate-Keeper, der entscheidend für den Erfolg der Suche ist: Unser Gedächtnis

Tatsächlich ist es das schwächste Glied im System. Search-Marketing und -Optimierung sind heute hochprofessionelle Spezial-Disziplinen und Werber wissen, wie sie Aufmerksamkeit erzeugen. Response-Elemente werden bei Plakaten serienmäßig eingesetzt – URLs, Hashtags, QR-Codes. Allerdings ist die Vorstellung, ein Konsument lässt alles stehen und liegen, nur um diese digitalen Dialog- Angebote sofort anzunehmen, reichlich naiv. Zwischen  Werbekontakt und Suchworteingabe liegen dann doch mehr als ein paar Sekunden – Minuten, Stunden, manchmal Tage. Das Spiel geht also noch über eine weitere Bande: Werbung, Kurzeit-Gedächtnis, Google, Website, Kauf. Die Psychologie erforscht unser Gedächtnis seit dem 19. Jahrhundert, als der deutsche Wissenschaftler Herman Ebbinghaus seine bahnbrechenden Lern- und Vergessens-Experimente durchführte.

Heute sind wir ein ganzes Stück weiter, schaut man sich zum Beispiel die Forschung des Neurowissenschaftlers und Nobelpreisträger Eric Kandel an. Ein Befund ist seit langer Zeit sehr robust: Wir können in einem Augenblick nur wenige Informationen in dem Arbeitsspeicher unseres Gedächtnisses behalten: 7 Elemente, plus/minus 2. Die Kapazität ist also begrenzt, weshalb wir meist auch ein oder zweimal nachfragen müssen, wenn uns jemand eine Telefonnummer diktiert, auch wenn wir sie sofort in unser Handy eintippen. Dieser Fakt der psychologischen Gedächtnis-Forschung wird in der Werbung leider immer noch nicht ausreichend gewürdigt. Wenn wir auf einem Plakat einen Satz mit zwölf Wörtern schreiben, haben wir die ersten schon wieder vergessen, bevor wir die letzten gelesen haben. Unser Kurzzeit-Gedächtnis ist das Nadelöhr in der Werbung-Search-Kette. Denn damit der Verbraucher auch dort landet, wo die Werbung ihn hinsteuern möchte, muss er die richtigen Suchwörter lange genug im Kopf haben, bis er dazu kommt, sie einzugeben.

Wenn er auf einem Plakat etwa gelesen hat „EM-Sonderaktion: Samsung Flatscreen-TV jetzt bei Media Markt“, dann muss er sich vier Begriffe merken. Vergisst er einen davon, endet die Suche vielleicht nicht auf der Website des  Elektronik-Marktes, sondern bei einem seiner Online-Konkurrenten. Suchmaschinen-Optimierung ist zweifellos eine wichtige Marketing-Technik. Aber sie darf sich nicht nur auf die digitale Welt beschränken: Auch Werbung muss so optimiert werden, dass die richtigen Begriffe im Gedächtnis der Konsumenten landen. Das gilt insbesondere für Plakate, denn sie haben oft nur einen kurzen Augenblick, um beim Betrachter etwas auszulösen.

Um es gehirngerecht zusammenzufassen: Merken Sie sich die drei G’s!

  1. Gestaltung
  2. Gedächtnis
  3. Google

Nur wenn Sie alle drei berücksichtigen, kommt es zum vierten G: Den Gewinn in Ihrer Kasse.

Erschienen am 4. Juli 2016 in FACTS Magazin (Hrsg. areasolutions) 2/2016, S. 24 – 27 und online auf der Website von areasolutions.