Buchkritik:
„Warum das Gehirn Geschichten liebt“ von Werner T. Fuchs –
Werner T. Fuchs ist ein interessanter Mensch, kein Durchschnitts-Typ und erst recht kein herkömmlicher Autor von langweiligen Managementbüchern. Das merkt man an seinem Outfit – viele Besucher des diesjährigen TV-Wirkungstags in Frankfurt erinnern sich an ihn nicht zuletzt wegen des Hutes und den roten Cowboy-Stiefeln, in denen er seinen Key-Note-Vortrag hielt. Das merkt man aber auch, wenn man seine Bücher liest. „Warum das Gehirn Geschichten liebt“ ist sein aktuellstes Werk. Dabei geht es um Storytelling als Methode des erfolgreichen Marketings.
Storytelling, so der Autor, ist mehr als nur ein paar Anekdoten zu erzählen oder eine Präsentation möglichst unterhaltsam für die Zuhörer zu gestalten. Die Story, die ein Unternehmen erzählen sollte, ist viel umfassender: Es ist eine Mischung aus Firmengeschichte, Unternehmensphilosophie und Marketing-Strategie. Viele „Mission Statements“ großer Unternehmen sind nur eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen, sie lassen weder eine klare Differenzierung vom Wettbewerb zu, noch macht man sich die Mühe, die Unternehmenskommunikation wirklich danach auszurichten.
Ähnliche Probleme haben viele Strategien – sie sind abstrakt und werden oft schon nicht von den eigenen Mitarbeitern verstanden, geschweige denn von den Kunden. Hier ist der Ansatz des Storytellings effektiver: Identität und Strategie eines Unternehmens wird in eine packende Geschichte umgewandelt, die als Leitschnur für alle weiteren strategischen und taktischen Maßnahmen dient. Werner T. Fuchs hat selbst einige solcher Ideen entwickelt – im Buch berichtet er z.B. sehr ausführlich von einem Projekt für eine Schweizer Bank, in der eine Geschichte über alle Kanäle durch dekliniert wurde, bis hin zum Briefpapier.
Eine solche Story ist nicht nur inspirierend für diejenigen, die für die Kommunikation verantwortlich sind, sondern hilft auch, die Idee an alle Mitarbeiter eines Unternehmens zu vermitteln. Denn die eigenen Leute sind Teil der Geschichte und eine Stütze der Inszenierung (auch davon kann Fuchs amüsante Beispiele erzählen). Tatsächlich sei es gar nicht so schwer, eine passende Story zu finden, meint Fuchs. Die Literaturwissenschaft hat die Motive und Grundgerüste langlebiger Mythen, Märchen, Sagen und Geschichten identifiziert: Sie handeln von Suche, Entdeckung, Reifung, Rivalität, verbotener Liebe – Fuchs zählt 18 Grundmuster auf, die helfen sollen, die eigene Story zu finden.
Das Buch ist voll von einfachen Regeln und Sprüchen, die nicht selten einen Aha-Effekt auslösen, etwa die Aussage, dass wir alle Helden, aber keine Vorbilder lieben. In dieser Hinsicht ist „Warum das Gehirn Geschichten liebt“ ein instruktives und anregendes Buch, was uns hilft, über Marketingstrategie neu nachzudenken.
Aber es ist auch ein persönliches Buch, denn der Autor berichtet oft von sich selbst, teilt auch private Erfahrungen (inklusive Niederlagen) mit, hält mit seinen Ansichten über Gott und die Welt nicht hinterm Berg. Das macht es an vielen Stellen sehr sympathisch, aber die Systematik leidet ein bisschen darunter. Es gleicht daher eher einer Reise durch die vielen Aspekte des Storytellings, wobei übrigens die neurowissenschaftlichen Grundlagen, in denen im Titel des Buches so Nachdruck gelegt wird, am kürzesten und entbehrlichsten sind.
Werner T. Fuchs: Warum das Gehirn Geschichten liebt – Mit den Erkenntnissen der Neurowissenschaften zu zielgruppenorientierten Marketing; Haufe Verlag; Planegg/München 2009, 294 Seiten, 29,80 €, ISBN 978-3-448-09592-0