Keine Digitalisierung ohne Menschen

Buchkritik:

„Radikal Digital“ von Reinhard Sprenger –

Es gibt nur wenige deutsche Bestseller-Autoren der Management-Literatur. Reinhard Sprenger ist einer davon. Mit „Mythos Motivation“ legte er im letzten Jahrhundert ein Werk vor, dass ihn in die Reihe der Business-Gurus katapultierte. Aus dieser Position heraus lieferte er in den letzten Jahren kontinuierlich lesenswerte Bücher ab. Sein neuestes Buch verdient wieder Aufmerksamkeit und gute Verkaufszahlen: „Radikal Digital“.

Bisher wurde Sprenger nicht als Internet-Prophet wahrgenommen, was hat er uns zur Digitalisierung zu sagen? Eine ganze Menge, wenn auch – zumindest auf den ersten Blick – wenig Neues. Der Buchumschlag verspricht „111 Führungsrezepte“. Nun, ein besseres Wort wäre vielleicht „Führungsimpulse“ gewesen, denn für Rezepte sind seine 111 kurzen Texte vielleicht etwas zu plakativ. Doch als kleine Ration zum Nach- und Weiterdenken funktionieren sie hervorragend. Sprenger schreibt, klar und pointiert, bleibt aber immer der Sache verpflichtet. Während andere deutsche Management-Literaten entweder professoral oder marktschreierisch-laut sind, hat Sprenger es geschafft, eine eigene Stimme, einen eigenen Stil zu etablieren.

Trotz des damit verbundenen Selbstbewusstseins ist sein Buch keine Ego-Show. Es enthält weder Name-Droping, noch „Ich hab’s ja immer schon gesagt“-Floskeln. Das macht es nicht nur leicht lesbar, sondern auch lesenswert. Er schreckt nicht vor starken Thesen zurück: Großraumbüros? Besser nicht. Boni? Auf keinen Fall! Trotz aller Verkürzung und Zuspitzung hat man aber immer den Eindruck, Sprenger weiß, sehr gut wovon er redet.

Zugegeben, was er in „Radikal Digital“ schreibt, unterscheidet sich wenig von seinen anderen Büchern. Doch hat er seine Themen konsequent auf die aktuellen Bedingungen der digitalisierten Wirtschaft überprüft und angepasst. Sein Schwerpunkt liegt dabei in dem Zusammenspiel von Mensch und Technik. Seiner Ansicht nach ermöglicht eine effizientere digitale Infrastruktur die Freisetzung der in den Menschen vorhandenen Potenziale. Digitalisierung verdrängt also nicht die Menschen, sondern sie dient ihnen und benötigt sie gleichermaßen.

Kundenorientierung, Kreativität, Agilität (wobei Sprenger lieber von Flexibilität spricht), der Umgang mit Fehlern – alles Themen, die im digitalen Zeitalter überlebenswichtig. Manchmal verbreitet der Autor ein bisschen Disruptions-Angst – im Sinne von: Wenn ihr euch nicht ändert, wird der Markt euch wegfegen. Doch er übernimmt nicht blind alle Dogmen aus dem Silicon Valley und er vermeidet den dort gepflegten Tech-Elite-Jargon. Deshalb ist sein Buch eine gute Lektüre für alle, die sich noch nicht radikal mit der Digitalisierung ihrer Geschäfte beschäftigt haben. Für diejenigen, die schon weiter sind, gibt es Impulse zu den Themen Führung und Management, klar und auf den Punkt.

Reinhard K. Sprenger: Radikal Digital – Weil der Mensch den Unterschied macht; Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018, 264 Seiten, 25,00 €, ISBN 978-3-421-04809-7