Web-Research im Überblick

Buchkritik:

„Online-Research“ von Welker, Werner & Scholz – 

Das Internet hat für die Marktforschungsbranche zwar keine goldenen Zeiten gebracht, aber doch einige Veränderungen. Das Repertoire an Methoden wurde erweitert, neue Institute und Dienstleister sind entstanden (und einige haben sich sogar etablieren können), viele Projekte können heute kostengünstiger realisiert werden. Einen profunden Überblick über die Methoden und Anwendungsgebiete der internetbasierten Markt- und Sozialforschung liefert jetzt ein Buch von Martin Welker, Andreas Werner und Joachim Scholz. „Online-Research“ versucht den Gegenstandbereich in seiner Breite darzustellen.


Praktische Probleme wie Stichprobenziehung, Rekrutierung der Befragten, Fragebogengestaltung und Anforderungen an Umfrage-Software werden beleuchtet. Vieles dreht sich natürlich um die Online-Befragung, das wichtigste Instrument der Online-Forschung. Aber auch weniger bekannte Verfahren werden erläutert, etwa Online-Gruppendiskussionen oder Expertenbefragungen nach der Delphi-Methode. Praxisbeispiele runden das Spektrum ab. Leider ist das Feld zu weitläufig, als das man alles in der notwendigen Tiefe abhandeln könnte.

Spannende, und für viele Nicht-Experten neue Bereiche wie etwa die Cybergeografie – die im Grunde Vernetzungen von Websites und Inhalten im Internet kartografiert – werden nur oberflächlich behandelt. Die Autoren sind sich den Gefahren des Themas durchaus bewusst und versuchen erfolgreich, sich weder in Marktforschungsgrundlagen noch in IT-Expertise zu verzetteln. Manchmal gelingt ihnen das nicht hundertprozentig – bei Themen wie der Logfile-Analyse kann oder will wahrscheinlich nicht mehr jeder Leser den Detailproblemen folgen. Doch überwiegt die klare und kritische Darstellung.
Ein Problem hat jede Publikation zum Thema: Die Geschwindigkeit des Fortschritts sorgt dafür, dass die Veröffentlichung zum Erscheinungstermin fast schon wieder veraltet ist. Kapitel wie jenes über die Reichweitenmessung von IVW und AGOF müssten fast wöchentlich aktualisiert werden, um immer auf dem neuesten Stand zu sein. Doch nach der Lektüre von „Online-Research“ fällt es jedem leichter, die entsprechenden Nachrichten in der Fachpresse zu verfolgen. Fazit: Die Autoren haben ein wirklich hilfreiches und übersichtliches Handbuch für alle geschrieben, die in irgendeiner Form mit Online-Forschung zu tun haben.

Martin Welker / Andreas Werner / Joachim Scholz: „Online-Research – Markt- und Sozialforschung mit dem Internet“, dpunkt-verlag, Heidelberg 2005, 300 Seiten, 39,00 EUR, ISBN 3-89864-308-5

UPDATE 2021:

Ohne das Buch noch einmal in die Hand genommen zu haben, vermute ich, dass es heute in vielen Bereichen veraltet ist. Den Autoren war schon damals klar, dass sie nur eine Momentaufnahme liefern können, die zum Zeitpunkt des Druckes nach und nach von der Entwicklung überholt werden wird. Zum Thema Online-Forschung gibt es heute eine Fülle von Buchtiteln, sowohl zur akademischen Forschung wie zur angewandten Marktforschung. Den Autoren dieses Werkes muss man danken, dass sie sich damals die Mühe gemacht haben und ein gutes Handbuch über einen dynamischen Bereich geschrieben haben. Mir hat es sehr geholfen.