Buyer Personas – ein nicht gehaltenes Versprechen

Buchkritik:

„Buyer Personas“ von Hans-Georg Häusel & Harald Henzler –

Die „Limbic Types“ sind eine Typologie, die der Unternehmensberater Hans-Georg Häusel entwickelt hat und die seit einigen Jahren im Marketing durchaus erfolgreich ist. Sie basiert auf Modellen aus der Motivations-Psychologie und hilft Unternehmen, ihre Marken besser zu positionieren. Da Erkenntnisse aus der Biologie und Physiologie einfließen (zum Beispiel im Zusammenhang mit den Verhaltens-Effekten von Alter und Geschlecht), wird das Limbic-Types-Modell nicht ganz zu Unrecht in der Fachöffentlichkeit mit dem Label „Neuromarketing“ versehen. Häusel stellte es bisher in mehreren Fachbüchern vor, um den praktischen Nutzen für das Marketing zu propagieren. Da es sich um einen plausiblen und nachvollziehbaren Ansatz handelt, ist das Interesse für seine Bücher hoch, außerdem ist er gefragter Keynote-Speaker auf allen Marketing-Events. Deshalb ist es zweifellos legitim, dass er – zusammen mit dem Co-Autor Harald Henzler – erneut ein Buch zum Thema herausgebracht hat. Dort beschreibt er gut lesbar und anschaulich, wie die Limbic Types helfen können, Zielgruppen besser zu verstehen. Problematisch ist nur eines: Das Buch verspricht auf den ersten Blick etwas ganz anderes.

„Buyer Personas – Wie man seine Zielgruppe erkennt und begeistert“ laut der Titel. Personas sind derzeit ein beliebter Begriff, der allerdings oftmals sehr weit gefasst werden. Meist meint man damit idealtypische und anschauliche Beschreibungen der anvisierten Kunden. Nicht selten wird es quasi synonym mit dem Wort Zielgruppe verwendet. Das Buch von Häusel und Henzler ist leider ein Paradebeispiel für eine ungenaue und damit eher verwirrende Verwendung des Begriffs. Die Autoren gehen zwar am Anfang des Bandes in wenigen Absätzen auf den Begriff ein, allerdings völlig ohne sich auf die gängigen Definitionen zu beziehen. Den Personas, zumal „Buyer Personas“, sind ein Instrument aus dem B-to-B-Marketing (dem sich die Autoren nur mit 1,5 Seiten widmen).

Es gibt es anerkannte und sehr empfehlenswerte Grundlagenliteratur zum Thema – etwa Aldea Revellas Buch „Buyer Personas: How to Gain Insight into your Customer’s Expectations, Align your Marketing Strategies, and Win More Business“. Trotz des ähnliche Titels erwähnt Häusel das Buch mit keinem Wort – ob er es beim Googeln (was er gut kann) wohlmöglich übersehen hat? Revella sieht bei der Persona-Entwicklung in erster Linie die Rekonstruktion des Kaufentscheidungsprozesses, diskutiert aber auch alternative Herangehensweisen. Häusel & Co. erwecken hingegen den Eindruck, als gebe es nur eine Persona-Wahrheit – nämlich eine persönlichkeitspsychologische Darstellung anhand der Limbic Types. Als einzige Alternative in der Zielgruppen-Beschreibung werden noch die Sinus-Milieus erwähnt, allerdings mit dem Hinweis, dass die Limbic Types besser geeignet seien.

Es folgen viele schöne Beispiele für den Einsatz der letzteren – wobei eher beiläufig einige gute Ideen vermittelt werden (beispielsweise die Rekonstruktion von Zielgruppen-Modellen in Kundendatenbanken, Tipps für qualitative Interviews oder die Bedeutung von Meta-Daten). Wie gesagt, ein weiteres Promotion-Buch der Limbic Types hat vielleicht seine Berechtigung. Es aber unter dem Titel „Buyer Personas“ zu vermarktet ist eine fahrlässige Falsch-Etikettierung. Man könnte glauben, dass Autor und Verlag sich die in den letzten Jahren immer weiter angewachsene Menge von Google-Suchanfragen zum Modewort „Buyer Personas“ anschauten und beschlossen haben, den Titel auszubeuten. Übrigens erläutert das Buch im Kapitel 4 ein ziemlich ähnliches Vorgehen. Dem Leser, der sich wirklich differenziert mit dem Thema Personas auseinandersetzen will, hilft das Buch leider wenig, da es nur eine verzerrte Perspektive bietet. Ein Exempel für die Volksweisheit, dass man ein Buch nicht nach seinem Einband beurteilen sollte.

Hans-Georg Häusel / Harald Henzler: Buyer Personas – Wie man seine Zielgruppe erkennt und begeistert; Haufe, Freiburg 2018, 204 Seiten, 24,95 €, ISBN 978-3-648-10392-0